Urbs - Magyar várostörténeti évkönyv 2. (Budapest, 2007)

Resümee

GERHARD MElßL Vernetzung und Stadtraum Die Entwicklung der technischen Infrastrukturen im Wien der franzisko- josephini­schen Ära illustriert exemplarisch das enge Wechselspiel zwischen Urbanisierung, wissenschaftlich-technischen Innovationen und sozialen, politischen und ökonomi­schen Verhältnissen. Die Wasserversorgung erreichte mit der unter der liberalen Stadtverwaltung angelegten kommunalen 1. Hochquellenleitung 1873 zwar höchstes qualitatives Niveau, war aber auf der Mengenseite prekär und wurde mit dem raschen Stadtwachstum immer prekärer, bis 1910 mit der 2. Hochquellenleitung ausreichend hochwertiges Wasser verfügbar war. Durch die 1. Hochquellenleitung verbesserte sich auch die Wasserentsorgung, die Errichtung eines umfassenden Kanalnetzcs wurde aber erst nach der Erweiterung des Stadtgebiets um die Vororte möglich. In niedrig ge­legenen und/oder wenig verbauten Stadtrandzonen blieb aber die Wasserver- und -ent­sorgung weiterhin schlecht. Die regionale Differenzierung des Wasserverbrauchs lässt über den gesamten Zeitraum eine Abstufung des Wasserverbrauchs entsprechend der Hierarchie von Ober-, Mittel- und Unterschichtbezirken erkennen, wobei sich auch in den letzteren die Situation nach der Jahrhundertwende verbesserte. Bei der Gasversor­gung hielt sich die Stadtverwaltung an das liberale Credo privaten Unternehmertums. Hier konnte die englische „Imperial-Continental-Gas-Association„ um die Jahrhun­dertmitte eine marktbeherrschende Position erobern und trotz heftiger Kritik an überhöhten Preisen und schlechter Versorgungsqualität bis in die 1890er Jahre behal­ten. Erst nach dem Wahlsieg der Christlichsozialcn kam es zur Errichtung eines kom­munalen Gaswerks, das 1899 den Betrieb aufnahm, und bis 1914 war die Versorgung fast gänzlich in öffentliche Hand übergegangen. Im Bereich der Telekommunikation bestanden lange Zeit staatliche und private Netze nebeneinander, bis 1895 wurden aber sowohl der Telegraphen- wie auch der Telephonbetrieb völlig vom Staat über­nommen. Daneben bestand seit 1875 auch ein leistungsfähiges, bis 1913 ständig aus­gebautes Rohrpostnetz. Besondere Bedeutung für die Stadtentwicklung gewann der Fortschritt der Starkstromtechnik. Ab 1889 entstanden private E-Werke, dements­prechend blieb die Stromversorgung auf ökonomisch attraktive Wohngebiete von Ober- und Mittelschichten und Gewerbezonen konzentriert. Eine Wende brachte wie­der die Kommunalisicrungspolitik der Christlichsoziaien. 1902 ging das gemeindeei­gene E-Wcrk in Betrieb, und trotz harter Auseinandersetzungen mit den privaten Gesellschaften konnte bis 1914 die Versorgung völlig kommunalisiert werden. Das durchgängige Ablaufschema der infrastrukturellen Vernetzung kann mit dem Begriff „segregierendc Integration,, bezeichnet werden - historisch gewachsene sozi­al-räumliche Disparitäten bestanden fort, der Netzausbau führte aber zu einer generell besseren Versorgung im gesamten Stadtgebiet.

Next

/
Thumbnails
Contents