Urbs - Magyar Várostörténeti Évkönyv 9. (Budapest, 2014)

Resümee

Resümee 341 MÁRIA HOMOKI-NAGY Das Verhältnis von Moral, Recht und Wahrheit im Leben eines Marktfleckens in der südlichen Großen Ungarischen Tiefebene. Die Lehren eines Prozesses in Szentes Die Archive der Marktflecken in der südlichen Großen Ungarischen Tiefebene bewah­ren sehr wertvolle Quellen auf, die auf das Alltagsleben der Marktflecken, auf das Le­ben der Leibeigenen-Bauemschaft und ihre Bräuche sowie auf die Prozesse der Ver­bürgerlichung verweisen. Bei diesen Quellen handelt es sich zum einen um Bücher von Übereinkünften, die sich vor allem auf Adoptionserklärungen, Kredit- und Pfand­verträge, Verpachtungen, Vergleiche, Teilungsvereinbarungen und Testamente bezie­hen. Zum anderen sind dort die Akten der Gerichte der Marktflecken zu finden. Diese Gerichte waren in der späten Ständezeit dazu berufen, strittige privatrechtliche Ange­legenheiten der Leibeigenen-Bauemschaft mit kleinerem Streitwert zu regeln. Dort be­finden sich auch die Protokolle und Prozessakten der Patrimonialgerichte, die in erster Linie ebenfalls privatrechtliche Prozesse, aber auch kleinere privatrechtliche Straftaten behandeln. In diesen Quellen lassen sich nicht nur Nachweise für die Prozessregeln der Ständezeit und für die angewandten materiellen Rechtsvorschriften finden, sondern es lässt sich auch die praktizierte Ordnung des Gewohnheitsrechts des jeweiligen Gebiets genau definieren. In Ungam ist dies besonders wichtig, denn es gab kein privatrecht­liches Gesetzbuch, vielmehr wurde nur von der von Werbőczy formulierten Ordnung des Gewohnheitsrechts Gebrauch gemacht. Dieses hatte sich allerdings im Laufe der Jahrhunderte sehr stark weiterentwickelt und verändert. Sein Wandel lässt sich in der Tat bereits an der richterlichen Praxis erkennen. Das Gewohnheitsrecht und die sich auf seine Durchsetzung richtenden Prozesse bzw. die aus diesem Anlass entstandenen Akten spiegeln gleichzeitig die Gewohnhei­ten des Alltagslebens und das Leben des Leibeigenen-Bauemtums wider. Und demzu­folge kann auch die Welt der Leibeigenen- und Bauemgesellschaft sehr gut beschrieben werden. Die Darstellung einzelner Mikrolebenswelten und ihr Vergleich mit dem Le­ben und den Bräuchen anderer Gemeinschaften führt zu dem Resultat, dass die späte ständische Gesellschaft und ihr Rechtsleben in Ungam niedergeschrieben werden kann. Eine ganz kleine „Scheibe” davon stellte diese Studie mit der Darlegung eines Prozes­ses vor. Dies bedeutet, dass auch ein Prozess beweisen kann, dass sich die Moralwelt des Leibeigenen-Bauemtums auf alle Fälle der vom Gewohnheitsrecht gezeichneten Welt anpasste, und zeigen kann, wie die eine oder andere Seite ihr verletztes Recht zur Geltung bringen konnte.

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