Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)
Pest-Buda von 1686 bis 1849
Ungarn hatte anderthalb Jahrhunderte lang unter Fremdherrschaft gestanden. Dazu kam die Dreiteilung des Landes und die auf die Türkenzeit folgende neuerliche, wenn auch anders geartete Fremdherrschaft der Habsburger. All dies zog eine wesentliche Verschiebung in der Hierarchie der ungarischen Städte nach sich, in deren Verlauf die frühere Hauptstadt ihre Stellung und Bedeutung eingebüßt hatte. Nach ihrer Befreiung von den Türken sanken Buda und Pest zu zwei von den Grundherren abhängigen Städten herab. Es bedurfte eines zwei Jahrzehnte langen zähen Kampfes und großer materieller Opfer, bis es 1705 gelang, das bereits zwei Jahre zuvor sowohl Buda als auch Pest gewährte Privileg königlicher Freistädte von neuem zu erlangen. Weitere sechs Jahre mußten vergehen, bis die beiden Städte aus den verbrieften Rechten praktischen Nutzen ziehen konnten. In dem 1703 ausgefertigten Freibrief wurde zwar Buda ausdrücklich zur Landeshauptstadt erklärt, doch blieb diese Wiedereinsetzung in ihre früheren Rechte lange Zeit eine reine Formsache. Die Residenz des Herrschers blieb Wien, Sitz der Landesverwaltung und Schauplatz der Ständeversammlungen, und während ihrer Tagung auch politischer Mittelpunkt des Landes wurde Preßburg (heute Bratislava, CSSR). Anfang des 18. Jahrhunderts, als der Wiederaufbau und die Neubesiedelung von Buda und Pest so gut wie abgeschlossen waren, konnte keine einzige ungarische Stadt Titel und Rang einer wirklichen Landeshauptstadt für sich beanspruchen. Entwicklung zum Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum Ungarns Die Geschichte der Städte Buda und Pest während des 18. Jahrhunderts verläuft parallel mit der Entwicklung der Anfang des Jahrhunderts aus Schutt und Asche eben erst wiedererstandenen, spärlich bevölkerten provinziellen Kleinstädte. Unter Voraussetzungen, die sich für die urbanistischen Bestrebungen auf Landesebene keineswegs günstig gestalteten, wurden sie die bedeutendsten Handels- und Verwaltungszentren Ungarns. In den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts glichen die Lebensumstände in den beiden Städten in vielem noch den mittelalterlichen Verhältnissen. Die Haupterwerbsquelle der Bevölkerung bildete die Landwirtschaft. In Pest lag das Schwergewicht wieder auf der Viehzucht, doch gingen solche landwirtschaftlichen Zweige in der zweiten Jahrhunderthälfte bereits merklich zurück. Hingegen behielt der Weinbau, der in Buda vorherrschende landwirtschaftliche Produktionszweig, seine führende Stellung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bei. In den vierziger und fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts erstarkte das Handwerk so weit, daß die Zahl der Zünfte in der zweiten Jahrhunderthälfte in den beiden Schwesternstädten schon hundert bis hundertzwanzig betrug. Damit war Buda und Pest allen anderen Städten des Landes weit voraus. Trotzdem vermochte die vielseitige Produktion dieses Zunftgewerbes nur die Bedürfnisse der beiden Städte und ihrer näheren Umgebung zu befriedigen, der Absatz war also auf einen ziemlich engen Kreis beschränkt. Die Zunftmeister versuchten nämlich die Produktion durch kleinliche und engstirnige, noch ganz im Geist des Mittelalters verhaftete Maßnahmen in möglichst enge Schranken zu zwängen. In diesem Bestreben wurden sie von dem an der Monopolstellung der bestehenden Zünfte interessierten konservativen Magistrat wirksam unterstützt. Wegen des nachteiligen österreichischen Zollsystems, das Ungarn zum Nahrungsmittel- und Rohstofflieferanten der 27