Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)
Die mittelalterlichen Schwesternstädte
Sie dürfte kaum ins Gewicht gefallen sein, wenn sie auch keineswegs gänzlich aus der Stadt verschwunden war, zumal schriftliche Quellen kurz vor der Rückeroberung der Burg 1686 wieder von ihr berichten. Die Türken entfalteten in Buda keine nennenswerte Bautätigkeit. Sie beschränkten sich im wesentlichen auf die Instandhaltung der Stadtmauern und Befestigungsanlagen sowie auf den Bau einiger Moscheen und Bäder. Das Császár-, das Király-, das Rácz- und das Rudasbad stammen aus der Türkenzeit, doch hatte es am Fuß des Gellértberges auch früher schon Thermalbäder gegeben. Diese mittelalterlichen Badeanstalten wurden jedoch von den Türken ihren heimatlichen Bräuchen entsprechend umgebaut. Buda regierte der vom Sultan ernannte Pascha, der zugleich Statthalter des Sultans über das gesamte von den Türken besetzte Gebiet Ungarns war. Er residierte nicht im königlichen Burgpalast. Offenbar hatte ihm das der Sultan verboten, um keine Selbständigkeitsgelüste in ihm aufkommen zu lassen. Anfangs stand das Statthalterpalais am Donauufer, später übersiedelte der Pascha in den Burgbezirk in die Nachbarschaft der mittelalterlichen Franziskanerkirche nahe dem Königspalast. Der Sultan war stets darauf bedacht, daß sein Statthalter in Buda nicht zu festen Fuß faßte. Deshalb berief er ihn nach kurzer Zeit wieder ab und ersetzte ihn durch einen neuen. Manche ließ er auch hinrichten. So kam es, daß während der 145 Jahre Türkenherrschaft nicht weniger als 99 Paschas im Amt des Statthalters von Buda einander ablösten. In allen Städten des besetzten Gebietes lagen starke türkische Garnisonen, die sich aber größtenteils aus mohammedanischen Bosniaken und Albanern rekrutierten. Auch in Pest war türkisches Militär stationiert. Eine grundlegende Wandlung erfuhren auch die bisherigen Handelsbeziehungen der Landeshauptstadt während der Türkenzeit. Der Warenaustausch mit dem Osten und dem Balkan belebte sich, der Handel mit dem Westen ging merklich zurück. Jedenfalls verlor Buda, obgleich es weiterhin die Hauptstadt des von den Türken besetzten Landesgebietes blieb, seine Stellung als wirtschaftliches Zentrum Ungarns. Ostungarn gehörte zum Fürstentum Siebenbürgen, im Wirtschaftsleben von Nord- und Westungarn spielte der Wiener Hof die zentrale Rolle. Schließlich sank Buda zum Rang einer der zahlreichen türkischen Garnisonsstädte bzw. zu einer der größeren Grenzfestungen des mächtigen Osmanischen Reiches herab. Der Verlust von Buda beunruhigte und erschütterte erklärlicherweise die öffentliche Meinung Westeuropas, unter deren Druck wiederholte Versuche zur Rückeroberung der Stadt und Festung unternommen wurden. Das 1542 dafür vom Deutschen Reich aufgebotene starke Heer mußte nach erfolgloser Belagerung unverrichteter Dinge wieder abziehen. Auch die um die Wende des 16. zum 17. Jahrhundert während des sog. fünfzehnjährigen Krieges wiederholten Versuche, den Türken Buda mit Waffengewalt zu entreißen, waren zum Scheitern verurteilt. Bei diesen Belagerungen wurde die Mehrzahl der Vorstädte völlig zerstört. Von den Dörfern im Umkreis der Stadt überlebten kaum ein, zwei die Türkenzeit. Zu neuen Belagerungen kam es erst wieder in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts. Als die Türken unter dem Großwesir Kara Mustafa einen letzten Versuch unternahmen, Wien zu erobern, wurden sie 1683 von der zum Entsatz der Kaiserstadt herbeigeeilten Reichsarmee unter dem Herzog von Lothringen und Johann Sobieski von Polen vernichtend geschlagen. Dieser entscheidende Sieg bot die Voraussetzungen, auch Ungarn von der 25