Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)

Die mittelalterlichen Schwesternstädte

und berief zahlreiche ausländische Gelehrte, Literaten und Künstler an seinen Hof. Die bekanntesten unter ihnen waren die Geschichtsschreiber Antonio Bonfini und Galeotto Marzio aus Italien, der südslawische Bildhauer Ivan Duknovic (Giovanni Dalmata) und der deutsche Astronom Regiomontanus. Büßte der Hof unter Matthias’ Nachfolgern auch viel von seiner früheren Anziehungskraft ein, so leiteten selbst unter König Ludwig II. (1506—26) noch Komponisten von europäischem Ruf wie der flämische Adrian Willaert und der deutsche Thomas Stoltzer die königliche Musikkapelle und den Gesangschor. Da die von König Sigismund 1395 in Óbuda gegründete Universität ihre Lehrtätigkeit bald wieder einstellte und die unter Matthias Corvinus errichtete Dominikanerhochschule in Buda den an eine spätmittelalterliche Universität gestellten Anforderungen nicht nach­zukommen vermochte, begaben sich Jahr für Jahr zahlreiche lernbegierige Bürgersöhne der beiden Schwestemstädte zum Studium an ausländische Universitäten, vor allem nach Wien und Krakau. 1473 erschien das erste in Ungarn gedruckte Buch, die Ofener Chronik (Chronicon Budense) von Andreas Heß in Buda. Der Zeitpunkt seiner Veröffentlichung, knapp vor dem Pfingstmarkt von Buda, läßt darauf schließen, daß es zum Verkauf auf dem Markt bestimmt war. Alle mittelalterlichen Buchverleger und die meisten Buchhändler des Landes lebten in Buda, nicht nur wegen der Nähe des Hofes, sondern auch wegen der guten Absatzmöglichkeiten. Ungeachtet der zunehmenden Verbreitung der Buchdrucker­kunst ließ König Matthias für seine berühmte „Corvina“-Bibliothek weiterhin kostbare, vorwiegend durch italienische Miniatoren illustrierte Kodizes anfertigen. Buda war auch der Sammelpunkt der Intellektuellen des Landes. Außer den Hof- und Staatsbeamten lebten auch viele bei den Gerichten beschäftigte Juristen innerhalb seiner Mauern. Aus dem frühen Mittelalter blieben uns keinerlei Angaben erhalten, die auch nur annä­hernde Schlüsse auf die Einwohnerzahl von Pest und Buda zuließen. Die ersten diesbe­züglichen Anhaltspunkte besitzen wir von der Wende des 15. zum 16. Jahrhundert. Damals dürfte Buda einschließlich der umliegenden Siedlungen ungefähr 12000—15 000, Pest bestenfalls 10 000 Seelen gezählt haben. Nach mittelalterlichem Maßstab erfüllte eine solche Einwohnerzahl annähernd den Begriff einer Großstadt, zumal die beiden Städte zu jener Zeit bereits ebenso zusammengehörten wie etwa die Städte und Ortschaften, aus denen sich das spätmittelalterliche Prag zusammensetzte. Von Óbuda fehlt jede derartige Angabe, doch dürften dort nach dem Tiefpunkt Mitte des 14. Jahrhunderts und trotz der Ende des 15. Jahrhunderts vermutlich wieder einsetzenden städtischen Entwicklung kaum mehr als 1000—2000 Menschen ansässig gewesen sein. Mit der dauernden Zuwanderung aus der Umgebung wuchs der ungarische Anteil an der Gesamtbevölkerung der drei Städte. Freilich erhielt die Hauptstadt Buda, die nicht nur mit den anderen Städten Ungarns, sondern auch mit denen der benachbarten Länder lebhafte Handelsbeziehungen unterhielt, auch von dort ständigen Zuzug, innerhalb dessen nach wie vor der deutsche Anteil dominierte. Die italienische Kolonie war hauptsächlich durch Florentiner und Venezianer vertreten. Bevor König Johann Zápolya (1526—1540) die deutschen Bürger 1529 aus Ofen aussiedelte, hatten unter der Bevölkerung der Hauptstadt zwar bereits die Ungarn das Übergewicht, doch gab es eine sehr starke deutsche Minderheit einschließlich zahlreicher plebejischer Elemente. Italiener, verschiedene andere Nationali­täten und die unter eigener Verwaltung stehenden Juden ergänzten das bunte Nationali­tätenmosaik von Buda, zu dem früher auch Armenier gezählt hatten, die ebenso wie die Juden in einer eigenen Gasse wohnten. (Die heutige Országház utca hieß bis zur türkischen 22

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