Ságvári Ágnes (szerk.): Budapest. Die Geschichte einer Hauptstadt (Budapest, 1974)
Die mittelalterlichen Schwesternstädte
ziehung zwischen den drei Pfarrbezirken dem Führungsanspruch der deutschen Pfarrkirche ein Ende setzte. Damals war der Deutsche Peter Onwein Richter von Buda, der seinen Namen ins ungarische „Bornemissza“ änderte. Handel, Gewerbe und Kultur In die zweite Hälfte des 15. und die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts fiel die feudale Blütezeit der Hauptstadt. Anfang des 15. Jahrhunderts verlegten der königliche Hof, die zentralen Verwaltungsorgane und die Gerichte ihren Sitz endgültig nach Buda, wo sich zahlreiche geistliche und weltliche Würdenträger niederließen. Der königliche Hof und die Gerichtsbehörden zogen aus dem ganzen Land Leute durch Anstellungen in die Stadt. Das bedeutete einen festen inneren Markt für die Hauptstadt. Zu dieser Zeit verlieh der zunehmende Fleischbedarf der deutschen Städte der erstarkenden ungarischen Rinderzucht und -ausfuhr kräftigen Auftrieb, an der die ungarischen Viehhändler von Ofen, aber auch die Bürger des seit Anfang des 15. Jahrhunderts von Buda wieder unabhängigen Pest maßgeblich beteiligt waren. Dies trug wesentlich zur Verstärkung des Handelskapitals der Bürgerschaft bei. Rechtlich waren damals die beiden Schwesternstädte unabhängig voneinander. In den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts wurde Pest in den Rang einer königlichen Freistadt erhoben und damit Buda gleichberechtigt. Abgesehen von den Vorrechten der deutschsprachigen Bevölkerung war das Verwaltungssystem von Pest mit dem von Buda identisch, und nach der Zahl seiner Einwohner gehörte es nach Buda zu den größten Städten des Landes. In den Augen der Zeitgenossen bildeten jedoch Pest und Buda schon damals eine wirtschaftliche Einheit. Beide zusammen zählten in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schätzungsweise 20000—25 000 Einwohner, eine für mittelalterliche Verhältnisse recht stattliche Zahl. Die beiden Städte waren die wichtigsten Umschlagplätze für Importwaren und die Sammelstellen der wichtigsten ungarischen Ausfuhrgüter, besonders der Schlachtrinder. Die zu Pfingsten und zu Mariä Geburt in Buda und vor allem die am St.-Peters- und am Nikolaustag in Pest abgehaltenen Märkte zählten zu den bedeutendsten und meistbesuchten des ganzen Landes. Günstig entwickelte sich auch das städtische Handwerk. Die einzelnen Berufszweige schlossen sich zu Zünften zusammen, die nicht allein Interessengemeinschaften zum Schutz gegen unlauteren Wettbewerb waren, sondern überdies eine ständige Qualitätskontrolle aus übten und die Funktion einer Gewerbepolizei versahen. Immerhin machten sich bei einigen Gilden schon früh gewisse isolationistische Tendenzen bemerkbar, die den Gesellen die Meisterprüfung und die Erlangung der Selbständigkeit zu erschweren suchten. Die Erwerbung des Meistertitels war mit hohen Auflagen verbunden, von denen nur die Söhne von Meistern und diejenigen teilweise oder ganz befreit waren, die eine Tochter oder die Witwe eines Meisters heirateten. Die Differenzierung des Handwerks war mit der Zeit so weit fortgeschritten, daß man gegen Ende des 15. Jahrhunderts in Buda 79, in Pest 32 verschiedene Gewerbesparten unterschied. Die Mehrzahl der Gewerbetreibenden arbeitete im Bekleidungs-, im Metall- und im Nahrungsmittelgewerbe, in Pest auch in der Lederverarbeitung. Am differenziertesten waren das Metallgewerbe und die Waffenherstellung, hier kam der Charakter der Landeshauptstadt besonders zu Geltung. Die bedeutende Rolle der Gold- und Kupferschmiede ist kein Zufall. Einen nennenswerten Aufschwung nahm 20