Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Peter Csendes: Donauregulierung und Wienflusseinwölbung

74 verbesserte und erhöhte. Dieses Bauwerk ist erst den modernen Hochwasserschutzmaßnahmen im ausgehenden 20. Jahrhundert gewichen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden verschiedene konkrete Pläne entwickelt. Dabei stand besonders der Gedanke im Vordergrund, die Schiffbarkeit der Donau zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang entwickelte der hervorragende, aus Laibach gebürtige Architekt und Hydrotechniker Josef Schemed von Leythenbach (1754-1844), aufbauend auf älteren Vorstellungen, 1810 den revolutionären Plan, ein Hauptstrombett zu schaffen, um so die Schifffahrt zu sichern und gleichzeitig die Hoch­wassergefahr einzudämmen. Eine stabile Brücke sollte den Strom überspannen. Eine ernsthafte Inangriffnahme des Problems erfolgte jedoch erst 1849 auf Initiative des Handelsministers Karl Ludwig Freiherr von Bruck, der eine Kommission einsetzte, die sich mit der Donauregulierung auseinandersetzen sollte. Mehrere Lösungsansätze wurden ausgearbeitet, von denen jedoch keiner zur Umsetzung gelangte. Bruck, der seit 1855 Finanzminister war, sah insbesondere den Nutzen für die Schifffahrt nicht genügend berücksichtigt. Nachdem es 1862 wieder zu einer verheerenden Überschwemmung gekommen war, bemühte sich nunmehr auch der Wiener Gemeinderat, der seit 1860 liberal dominiert war, die Diskussion wieder in Gang zu bringen. Man sah dabei vor allem die Vorteile, die daraus für die Stadterweiterung folgen mussten: aus der unübersichtlichen Aulandschaft nördlich der Stadt würde sich reiches Bauland gewinnen lassen. Es gelang, das Staatsministerium und auch den Kaiser von der Dringlichkeit des Anliegens zu überzeugen. 1864 rief der Gemeinderat eine eigene Kommission unter der persönlichen Leitung des Bürgermeisters Cajetan Felder ins Leben, die sich mit der Frage der Donauregulierung beschäftigen sollte. Neben den bereits 1850 herangezogenen Experten (unter ihnen der kgl. ungarische Ministerialrat Mihálik und der Grazer Oberbaurat Martin Kink), die ihre Projekte präsentierten, wurden Fachleute aus England, Deutschland und Frankreich um Expertisen gebeten. Der Tenor der Überlegungen ging generell dahin, den Strom in einem neuen, begradigten, leicht geschwungenen Bett (Durchstich) zu fassen. Der bisherige Verkehrsarm sollte dagegen zum Donaukanal, einem Nebenarm von sekundärer Bedeutung, werden. 1868 war das Projekt fertiggestellt und erhielt am 12. September 1868 die kaiserliche Genehmigung. Ein Reichsgesetz vom 8. Februar 1869 legte nun die Regulierung der Donau auf einer Strecke von 26 km von Nussdorf bis Fischamend fest. Das Bauprogramm sah zwei „Durchstiche“ bei Wien, die Sicherung des Donaukanals, die Anlage von Ladeplätzen und die Errichtung eines Marchfeldschutzdammes vor. Die gesamten Arbeiten sollten bis 1884 andauem. Die Kosten für das Regulierungsprojekt wurden mit 24,6 Millionen Gulden präliminiert, der Staat, das Land Niederösterreich und die Stadt Wien sollten jeweils ein Drittel der Kosten übernehmen. Die Finanzierung erfolgte im Weg einer fünfprozentigen, in fünfzig Jahren rückzahlbaren, zinsenlosen Anleihe. Insgesamt trug die Stadt am meisten bei, da ja auch aus

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