Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Peter Csendes: Donauregulierung und Wienflusseinwölbung
73 Peter Csendes Donauregulierung und Wienflusseinwölbung Wiens wirtschaftliche Bedeutung war durch Jahrhunderte wesentlich durch die Lage an der Donau bestimmt. Allerdings breitete sich der Strom beim Eintritt in das Wiener Becken nach dem Passieren des Durchbmchs zwischen Leopoldsberg und Bisamberg in zahlreiche Arme aus, sodass eine weitläufige, unübersichtliche Aulandschaft bestand. Am südlichsten Donauarm, dem späteren Donaukanal, war in hochwassersicherer Lage schon das römische Militärlager Vindobona entstanden, dort entwickelte sich auch die mittelalterliche Stadt. Die Stadtterrasse mit ihrem Abfall zum Donaukanal kennzeichnet noch heute den Steilrand des alten Donauufers, das sich von Nussdorf im Norden bis Erdberg im Osten als „Wagram“ nachweisen lässt. Die Schwierigkeit, die Donau bei Wien zu überschreiten, zeigt sich daran, dass erstmals im 15. Jahrhundert eine Abfolge von Brücken den direkten Weg an das nördliche Ufer eröffnete, wogegen man bis dahin ausschließlich auf Überfuhren (Urfare) angewiesen war. Während es seit dem Mittelalter erhebliche Anstrengungen erforderte, den Wiener Donauarm schiffbar zu halten, waren die tiefer gelegenen Vorstädte und Vororte Wiens ständig Hochwassergefahren ausgesetzt. Besonders betroffen war das nördliche Ufer, das den Hauptarm begrenzte, wo einzelne Orte nach Katastrophen an sichereren Plätzen neu angelegt werden mussten, andere wurden überhaupt aufgegeben. Als besonders gefährlich erwiesen sich immer wieder Eisstöße und besonders rasch einsetzendes Tauwetter, wie etwa 1830, als der Wiener Raum von einer verheerenden Flutkatastrophe getroffen wurde. Aber es war nicht nur die Donau, die zur Bedrohung werden konnte. Die zahlreichen Bäche, die aus dem Wienerwald der Donau zuliefen, wie der Alser und der Ottakringer Bach, vor allem aber der Wienfluss, konnten zu reißenden Gewässern werden, die dann das immer dichter besiedelte unmittelbare Umland Wiens gefährdeten. Es hatte nicht an Überlegungen für Schutzmaßnahmen gefehlt, die allerdings zumeist nur in einzelnen Buhnen und Dämmen bestanden. Kaiser Karl VI., der sich des Verkehrswesens in Österreich entscheidend annahm, rief eine eigene Behörde ins Leben, das Wasserbauamt, das in Nussdorf (heute Wien 19) seinen Sitz hatte. Wohl erkannte man, dass die Erosion ein erheblicher Problemfaktor war, aber gezielte Maßnahmen waren spärlich. Für den Wiener Raum die wichtigste wurde ein Dammbauprojekt des aus Pressburg stammenden Ingenieurs Johann Sigismund Hubert im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts am linken Donauufer. Der „Hubertusdamm“ erwies sich jedoch großen Belastungen nur bedingt gewachsen, sodass man ihn um die Mitte des 19. Jahrhunderts