Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Peter Csendes: Wiener Kasernen
69 Peter Csendes Wiener Kasernen Im Mittelalter war die Verteidigung der Stadt und die Aufrechterhaltung der Sicherheit Aufgabe der Bürgerschaft. Seit dem 16. Jahrhundert gab es in Wien eine eigene militärische Truppe, die „Stadtguardia“. Die Mannschaft wohnte mit ihren Familien in „Basteihäusem“, ärmlichen Quartieren, die auf den Basteien oder an der Stadtmauer errichtet wurden. Den Bau dieser Häuser finanzierten Bürger, denen dafür Befreiung von der Hofquartierpflicht gewährt wurde. Als die Stadtguardia 1741 aufgelassen wurde, bestanden über 300 solcher Objekte. Die erste Kaserne auf Wiener Boden, die Leopoldstädter Kavalleriekaseme, entstand 1721/23 gegenüber der Stadt auf der großen Donauinsel. Diese Kaserne lag in der Nähe des alten Brückenkopfs am Weg von Wien an das nördliche Donauufer und zu den Fernstrassen entlang des Ufers und nach Norden. Diese Unterkunft war im Zuge eines militärischen Bauprogramms der niederösterreichischen Stände entstanden. Sie erhielt zehn Jahre später eine Außenstelle auf dem Glacis in der Nähe der Hofburg Um die Mitte des 18. Jahrhunderts - der österreichische Erbfolgekrieg hatte die Möglichkeit einer militärischen Bedrohung der Reichshaupt- und Residenzstadt aufgezeigt - begann auch die Stadt Wien, sich am Kasemenbau zu beteiligen. So entstanden eine Infanteriekaseme innerhalb der Stadt, an der Stelle alter Zinshäuser und von Basteihäusem in unmittelbarer Nähe zum Donaukanal, die Salzgrieskaserne (1745/48), eine weitere, die Getreidemarktkaseme, unmittelbar westlich vor der Stadt in der Nähe des Wienflusses (1748/53); letztere erhielt 1776/78 eine Filialkaseme (Jesuiterhof). Dort gab es auch genügend freie Flächen für eine große Anlage, das Glacisgelände konnte für Exerzierplätze herangezogen werden. Mit der Errichtung dieser Baulichkeiten befreite sich die Stadt zugleich von der Einquartierungspflicht in Privathäusem. Zu dieser Zeit errichtete auch der Staat eine weitläufige Infanterie- (Alser Kaserne) und eine Kavalleriekaseme (in Penzing) vor der Stadt. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde unter Joseph II. die Heeresstärke bedeutend vergrößert, was auch in der Errichtung weiterer Tmppenunterkünfte in Wien seinen Niederschlag fand. So entstanden im Vorstadt bereich südlich der Stadt Heumarktkaseme (1770/74) und Sappeurkaseme (1790), westlich die Josefstädter Kavalleriekaseme (1772/77) sowie die Gumpendorfer Kaserne (1785/86), im Osten die Artilleriekaseme am Rennweg (1797/1804). Dazu kamen die Stationierung der ungarischen Leibgarde im Palais Trautson und andere militärische Baulichkeiten, unter denen die spätere Stiftskaseme hervorzuheben ist, aber auch weiter von der Stadt entfernt liegende Anlagen (Kaiserebersdorf, Kasernen in Mauer). Diese militärischen Baulichkeiten waren frühe Beispiele moderner Zweckbauten. Man verfolgte dabei einheitliche