Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Eva Offenthaler: Der öffentliche Verkehr in Wien
127 Vertragsabschluss erfolgte am 28. November 1898, es entstand die „Bau- und Betriebsgesellschaft für Städtische Straßenbahnen in Wien“ (BBG), die den Umbau auf elektrischen Betrieb durchführte. Der endgültige Schritt zur Kommunalisierung erfolgte nach Fertigstellung des stadteigenen Elektrizitätswerks. 1902 wurde die BBG aufgelöst und die Straßenbahn als städtisches Unternehmen in das Handelsregister eingetragen. Bis zum 30. Juni 1903 führte noch die BBG den Betrieb weiter, dann wurde er an die Gemeinde Wien übergeben. Das Straßenbahnnetz umfasste zu diesem Zeitpunkt 132 km. Gleichzeitig wurde auch das etwa 30 km lange Netz der „Neuen Wiener Tramway-Gesellschaft“, die Linien in den Vororten betrieb, kommunalisiert. Die Verstadtlichung der übrigen kleinen Gesellschaften erfolgte bis 1907. Dampfstraßenbahnen Neben der Pferdetramway gab es in Wien auch Dampfstraßenbahnen, die ebenfalls von privaten Unternehmen geführt wurden. Den Anfang machte die „Dampftramway Krauss & Comp.“. Sie eröffnete am 27. Oktober 1883 die erste Teilstrecke von Hietzing nach Perchtoldsdorf. Somit fuhr die erste mit Dampf betriebene Straßenbahn Österreichs kurioserweise einige Tage, nachdem bereits die erste elektrische Straßenbahnstrecke von Mödling in die Klausen eröffnet worden war. Auch die WT hatte Versuche mit dampfgetriebenen Tramwaylokomotiven durchgeführt, die aber zunächst keinen Erfolg brachten, und so behielt sie den Pferdebetrieb bei. Anders die NWT, die sich für die Einführung des Dampfbetriebes auf einem Großteil ihres Streckennetzes entschied. Die Bedeutung der Dampftramways lag hauptsächlich in der Verbindung der Ortschaften in der näheren und weiteren Umgebung Wiens. Auch sie wurden kommunalisiert. Die robusten Lokomotiven der Dampftramway Krauss wurden in den städtischen Betrieb übernommen und waren fast 40 Jahre im Einsatz, während der Dampfbetrieb der NWT 1903 eingestellt wurde. Die letzte Dampftramway Wiens fuhr 1922. Auffällig ist die eigentümliche Sonderstellung der Straßenbahn in Wien im Vergleich zu anderen Städten. Während man sich stark auf dieses Verkehrsmittel konzentrierte, wurde der Bau moderner Massenverkehrsmittel, wie etwa der einer U-Bahn, im 19. Jahrhundert verabsäumt. In London hingegen gab es bereits 1863 die erste U-Bahn-Linie, und Budapest hatte ab 1896 eine elektrisch betriebene Untergrundbahn. Noch im Jahr 1903 (der Gesamtverkehr im öffentlichen Bereich betrug damals rund 213 Millionen Passagiere), wurden 74 % des Verkehrsaufkommens von den Straßenbahnen bewältigt, während auf die Stadtbahn nur 15 % entfielen.