Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)

Zsuzsa Frisnyák: Verkehrslinien und räumliche Struktur Budapests

Ill Der Wasserweg spielte, verglichen mit den Bahnen, in der Entwicklung der Hauptstadt eine untergeordnete Rolle,* 1 dennoch war am Vorabend des Ersten Weltkriegs Budapest bereits der verkehrsreichste Hafen an der Donau. Der Anteil der Schifffahrt verlor nicht nur im Personenverkehr sondern auch im Warenverkehr immer mehr an Bedeutung. Zwischen 1874 und 1914 kommt der größte Teil der Waren (68-89 %) in Budapest mit der Eisenbahn an. (Diagramm 1). Die überwiegende Mehrheit der in Budapest ankommenden und Budapest verlassenden Reisenden nimmt ebenfalls die Bahn in Anspruch. (Diagramm 2) Von den Verkehrsmitteln gab die Bahn der Wirtschaft der Stadt die nachhaltigsten Impulse. Die Entwicklung der Regionen, Räume und Siedlungsgebiete verlief entlang der Bahn deutlich schneller. In der Umgebung der Hauptstadt entstand eine Vorstadtzone, die eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung des Bedarfs an Arbeitskräften und Lebensmitteln für die Hauptstadt spielte. Darüber hinaus breiteten sich die Erholungsgebiete (natürlich von Grundstücksspekulationen begleitet) ebenfalls entlang den Schienensträngen aus, so in der Umgebung der Zahnradbahn die Villenviertel von Svábhegy (Schwäbischer Berg), Széchenyi-Berg, und an dem Nahver­kehrszug von Cinkota die Feriensiedlung von Mátyásföld. Die Verkehrs­verbindung zwischen der Hauptstadt und der Vorstadtzone wurde in erster Linie von den Bahnen (zwischen ihnen Vorortelinien) und dann erst von den Straßenbahnen (Budatétény, Kispest, Újpest) gewährleistet. Das Verhältnis zwischen der Hauptstadt und deren Vorstädten zeigt sich auch in der Tatsache, dass im sogenannten Nahverkehr (einer Fahrtzone innerhalb von 20 Kilometern) der verkehrsreichste Bahnhof Ungarns (1895: 460.000 Passagiere) Palota-Újpest war; danach kamen erst Ost- und Westbahnhof. 1895 wurden 28% des Personenverkehrs (960.000 Passagiere) der hauptstädtischen Bahnen im Nahverkehrsbereich abgewickelt. Weitere 21% des Personenverkehrs kamen aus 21-25 Kilometer Entfernung. (Diagramm 3) Die Bahn sicherte die schnellste und regelmäßigste Verbindung zwischen Budapest und dem Hinterland, ebenso zwischen Budapest und den Großstädten Europas. Die Anzahl der Passagiere, die in Budapest mit der Bahn ankamen, betrug 1875 noch kaum 670.000, aber 1915 machte sie in Richtung der Stadt schon fast 14 Millionen aus. Der auf die Stadt ausgerichtete inländische Fremdenverkehr vergrößerte sich sprunghaft nach der Einführung eines Zonentarifs der Bahn (1889). Der Tarif, der die Reisedistanzen in 14 Gebührenzonen teilte, verstärkte die Funktion Budapests als landesweites Einkaufszentrum in der Weise, dass die Industrieproduktion auch umweltschädigende Auswirkungen haben und haben werden: die gräuliche Luft über der Stadt umhüllt die Stadt noch mit „feinem Schleier”. 1 Die Transportfunktion von Pest-Ofen in Verbindung mit dem Wasserweg der Donau ist vor den 1860er Jahren noch besonders schwach, das Zentmm des Komhandels auf der Donau ist Raab. Die Stadt wird dann das wichtigste Zentrum des ungarischen Komhandels, sobald sie mit den wichtigsten Getreidegebieten der Tiefebene durch die Bahn verbunden wird (1857-59 durch die Bahnlinien in die Theißregion, bzw. als 1861 die Bahnlinie zwischen Ofen und Triest eröffnet wird).

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