Budapest und Wien. Technischer Fortschritt und urbaner Aufschwung im 19. Jahrhundert - Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs 9. - Beiträge zur Stadtgeschichte 7. (Budapest - Wien, 2003)
Eva Offenthaler: Wiener Brücken
102 Die endgültige Beschlussfassung der Donauregulierungskommission erfolgte 1868, sie wurde mit a. h. Entschließung vom 12. 9. 1868 genehmigt und damit zur Umsetzung freigegeben. Vorgesehen war, die Donau von der Kuchelau bei Nussdorf bis Fischamend so zu regulieren, dass alle Nebenarme bis auf den Donaukanal in einem Normalbett mittels Durchstich zusammengefasst und näher an die Stadt herangeführt würden. Das Strombett bestand aus zwei Teilen: einem für normalen Wasserstand, einem zweiten für Hochwasser. Die Teilung in Flussbett und Inundationsgebiet sollte bei Niedrigwasser die für die Schiffahrt notwendige Tiefe der Donau sichern und bei Hochwasser das Landen ermöglichen. Weiters wurde zwischen Hauptstrom und Donaukanal ein Winterhafen errichtet. Der Durchstich, mit dem die Donauarme in ihr neues, begradigtes Bett umgeleitet wurden, erfolgte am 15. April 1875, doch die weiteren Regulierungsarbeiten verzögerten sich beträchtlich. Später wurde auch die Regulierung des Wienflusses in Angriff genommen. Sie war Voraussetzung für den Stadtbahnbau und half zudem, die lange bestehende Überschwemmungsgefahr für die angrenzenden Bezirke zu bannen. Die von der Gemeinde ausgeführten Arbeiten wurden im Jahr 1906 endgültig abgeschlossen. Im Zuge der Donauregulierung kam es zu einem wahren Boom im Brückenbau. Innerhalb weniger Jahre wurden fünf Brücken über die Donau gebaut, von denen drei dem Eisenbahn- und zwei dem Straßenverkehr dienten. Bei den Eisenbahnbrücken handelte es sich um die Nordwestbahnbrücke, die Nordbahnbrücke und die Stadlauer Brücke. Straßenbrücken waren die Kaiser- Franz-Josef-Brücke (später Floridsdorfer Brücke) und die Kronprinz-Rudolf- Brücke (später Reichsbrücke), die im Folgenden näher beschrieben werden. Als einzige dieser Brücken wurde die Nordwestbahnbrücke noch über das alte Strombett gebaut. Die anderen waren bereits fertig gestellt, als der Donaudurchstich 1875 eröffnet wurde, also gewissermaßen im Trockenen erbaut. Kaiser-Franz-Joseph-Brücke Die Brücke lag im Verlauf der Brünner Reichsstraße, zwischen der Nordbahnund der Nordwestbahnbrücke. Erbaut wurde sie 1872-1874 von der Donauregulierungskommission. Sie bestand aus der rechtsseitigen Auffahrtsrampe von 151,72 m Länge, der anschließenden, auf Guss-Säulen ruhenden Kaibrücke (85,34 m), der eigentlichen Strombrücke (335,05 m) mit vier Öffnungen und einer linksseitigen Inundationsbrücke von 433,03 m Länge. Die Gesamtlänge betrug somit 1005,14 m. Die Strompfeiler wurden pneumatisch mittels eiserner Caissons bis auf eine Tiefe von 10-14 im Tegel