700 Jahre Schweiz

II. Von der Habsburg nach Österreich

„Ewige Richtung“ zwischen Österreich-Tirol und den Eidgenossen 1474 Juni 11, Senlis Or. Pergament, 10 Siegel (davon das französische Königssiegel in bemalter Holzkapsel); 61 cm x 47 cm HHStA Allgemeine Urkundenreihe 1474 Juni 11 „L’araignée universelle“, die vielseitige Spinne, die ihre Netze zum Verderben ihrer Feinde auslegt, ohne selbst Schaden zu nehmen: Das ist der Spitzname jenes Herrschers, der für einen Ausgleich zwischen Herzog Sigmund von Österreich-Tirol und den Acht Orten der Eidgenossenschaft nicht etwa den ausgewogen urteilenden Schiedsrichter, sondern den deutlich die Eidgenossen bevorzugenden Vermittler abgab. König Ludwig XI. von Frankreich erklärte sich Anfang 1474 bereit, Entwürfe beider Seiten zu begutachten und danach eine Entscheidung zu fällen, die für alle verbindlich sein sollte. Jahrelange, stets härter werdende Auseinandersetzungen waren dem Wunsch beider Seiten nach einer endgültigen Regelung ihrer Beziehungen vorangegangen. Neben der Zurückdrängung Tirols im Unterengadin durch den steigenden Einfluß des Gotteshausbundes (des Churer Gebietes) verschärfte sich die Situation, als Sigmunds Interessen in den Vorlanden - hier war er Erbe seines Vetters Albrecht VI. - mit denen der Eidgenossen kollidierten. In wechselnden Allianzen suchte Sigmund Hilfe von außen zu finden. Als das Bündnis mit Burgund (Vertrag von St. Omer: HHStA Allgemeine Urkunden­reihe 1469 Mai 9) im Aufstand gegen den burgundischen Vogt am Oberrhein und an den zu hoch gesteckten Wünschen Karls des Kühnen gegenüber Kaiser Friedrich III. (Trier 1473) zerbrach, war Sigmund geneigt, eine Annäherung an die Eidgenossen mit französischer Unterstützung zu erreichen. Daß er - durchaus zu Recht - befürchtete, in Ludwig XI. nicht unbedingt eine unparteiische Persönlichkeit zu finden, beweist sein Vorbehalt, den Aus­gleichsentwurf nur dann nach Frankreich zu schicken, wenn er nicht einseitig benachteiligt werde! Die französische Gesandtschaft am Verhandlungsort Konstanz sollte die eidgenössischen Vorstellungen im Sinne Sigmunds abändem. Auf ein Eintreten Ludwigs XI. zu seinen Gunsten zu vertrauen, kann man nur als politisch naiv bezeichnen, denn dem König lag daran, die Eidgenossen freundlich zu stimmen, die für ihn vom militärischen Gesichts­punkt in Hinblick auf eine künftige Konfrontation mit Burgund von größtem Nutzen waren. So spiegelt die nach den eidgenössischen Vorschlägen ausgearbeitete „Ewige Richtung“ von Senlis - wohl mit Rücksicht auf die Schweizer von Ludwig XI. in deutscher Sprache ausgestellt - in vielem das wieder, was Sigmund bisher abgelehnt hatte. Die ersten Abschnitte zeigen noch Bestrebungen, für einen echten Ausgleich zu sorgen: Da war von „grenzüberschreitendem“, freiem 11 22

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