700 Jahre Schweiz

I. Einführung

I. EINFÜHRUNG Es liegt auf der Hand, daß die Nachbarn eines Landes dessen Geschichte mittragen, ja mitgestalten, zumindest aber einen wesentlichen Beitrag zur historiographischen Erkenntnis des Partners jenseits der Grenzen leisten können. Das Jubiläum der Schweiz gibt uns Gelegenheit, unser Augenmerk, das in den letzten Jahren in verstärktem Maß dem europäischen Osten gegolten hat und noch gilt, dem im Westen angrenzenden Staatswesen zuzuwenden, das in unserer Vorstellung gegenüber den großen Territorien des Heiligen Römischen Reiches in den Hintergrund tritt. Den vielschichtigen Gründen dafür nachzugehen, kann nicht unsere Aufgabe sein und muß wissenschaftlicher Diskussion überlassen bleiben, wie sie z. B. das auf österreichische Initiative zustandegekommene Symposion von Schloß Hofen/ Vorarlberg 1990 geboten hat. (Bei dieser Gelegenheit wurde übrigens deutlich ausgesprochen, daß mangelndes Interesse an der „Klärung des Schweizer Geschichtsbildes“ zu einem höheren Prozentsatz auf Schweizer als auf österreichischer Seite zu finden ist.) Archive können zwar nicht die Grund­lage für Theorien und Thesen zu diesem Phänomen eines reduzierten zwischenstaatlichen Engagements im Bereich der historischen Forschung liefern, sie sind jedoch in der Lage, mit handfesten Realien einen Anreiz für die Interpretation und Einordnung konkreter Fakten sowie für die Beurteilung der Anders- und/oder Gleichartigkeit des nachbarlichen Schicksals beizusteuem. So wenig das Österreichische Staatsarchiv eine lückenlose Geschichte der Schweiz dokumentieren kann - was auch bei Einbeziehung der Vorarlberger und Tiroler Landesarchive nicht möglich wäre so sehr ist es im Stande, unsere Kenntnis über wesentliche Vorgänge der eidgenössischen Geschichte, die in Schweizer Archiven nicht oder nur unvollkommen ihren Niederschlag gefunden haben, zu ergänzen, - es genügt hier der Hinweis auf den Westfälischen Frieden (1648) oder den Akt über die immerwährende Neu­tralität (1815). Die Beteiligung aller fünf Abteilungen des Österreichischen Staatsarchivs gestattet einerseits die Berücksichtigung zahlreicher Facetten schriftlich oder zeichnerisch festgehaltener Geschichte - wir können neben politischen auf wirtschaftliche Aspekte, auf Fragen der Rechts- und der Technikgeschichte, auf Kartographie und Diplomatie eingehen sie bedingt andererseits im Hinblick auf die überwältigende Fülle des Vorhandenen das im Grunde unlösbare Problem der Auswahl. Dazu kommt, daß häufig die unscheinbare Form des jeweiligen Dokuments in diametralem Gegensatz zur Bedeutung des Inhalts steht und sich daher nur bedingt als Exponat eignet. Die historische Relevanz widerspricht somit oft dem Prinzip einer möglichst attraktiven Gestaltung der Ausstellung, - abgesehen davon, daß auf die abschätzbare Basis für die Akzeptanz des Archivales durch den Besucher, nämlich das Lesenkönnen, Rücksicht genommen und daher angestrebt werden mußte, kalligraphisch geschriebene, deutlich gegliederte Texte zu zeigen, die oft mit ansprechenden Initialen, hervorgehobenen Worten etc. Aufmerksamkeit 9

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