Walter A. Schwarz: „Vergänglicher Glanz…“, Altösterreichs Orden
Einführung in die Geschichte der Orden und Ehrenzeichen - 1. Der Orden vom Goldenen Vlies
raturverzeichnis angeführten und zum Teil auch ausgestellten Publikationen. Auf eine geschlossene Abhandlung der einzelnen Ordensgeschichten musste schon aus Platzgründen verzichtet werden. 1. Der Orden vom Goldenen Vlies20 Die Stiftung des Ordens vom Goldenen Vlies geht auf das erste Drittel des 15. Jahrhunderts zurück. Herzog Philipp der Gute von Burgund, einer der prachtvollsten und einflussreichsten Fürsten seiner Zeit, gab anlässlich seiner Vermählung mit Isabella von Portugal, seiner dritten Frau, am 7. Jänner 143 021 in Sluys die Gründung dieses Ordens zum Lobe und Ruhm des Hauses, zur Ehre der Jungfrau Maria und des Apostels Andreas, sowie zum Schutze, zur Förderung und Ausbreitung des katholischen Glaubens und der Kirche, zur Tugend und Vermehrung guter Sitte, bekannt. Am 10. Jänner 1430 erfolgten in der Stadt Brügge die ersten Aufnahmen in den Orden.22 Ein Jahr später, am 30. November 1431, zum Fest des Heiligen Andreas, des Patrons von Burgund, trat der Orden in Lille unter Anwesenheit des Herzogs und der ersten 24 Ritter zu seinem ersten Kapitel zusammen.23 Die Ritterzahl war zuerst auf 31 beschränkt, doch wurde sie schon 1516 durch den späteren Kaiser Karl V. mit Einwilligung des Papstes auf 51, später auf 60 und sogar auf 70 erhöht. Der Reichtum, die künstlerische Qualität sowie der am Hofe der aus dem französischen Geschlecht der Valois stammenden Herzoge von Burgund gepflegte Prunk gaben diesem Orden sein bis in die heutigen Tage unbestritten hohes Ansehen. Die absolute Außerordentlichkeit dieses Ordens ist jedoch auch durch die uralte Symbolik, die dem Ordenszeichen, dem goldenen Widderfell, innewohnt, erklärbar. Zum Zeitpunkt der Stiftung gehörte die griechische Sagenwelt zum allgemeinen Bildungsgut am burgundischen Hofe. Die Sage vom Goldenen Vlies gründet sich auf das Ränkespiel, welches Ino, die zweite Frau des Königs Athamas von Orchomenos, gegen dessen Kinder aus erster Ehe mit Nephele trieb. Nephele rettete ihre Kinder Phrixos und Helle, indem sie diese auf einem goldenen Widder zu Aietes, dem König von Aia in Kolchis, sendete. Helle stürzte über dem Meer ab - nach ihr ist der Hellespont benannt - Phrixos hingegen gelangte unversehrt nach Kolchis und opferte dort den Widder dem Göttervater Zeus. Das Vlies des Widders schenkte er König Aietes, der Phrixos mit seiner Tochter Chalkiope vermählte. Das Vlies 20 In der Literatur finden sich verschiedene Schreibweisen, wie Vlies, Vliess und Vließ. Im Text wird „Vlies“ verwendet, im Literaturverzeichnis die Schreibweise des jeweiligen Autors oder Herausgebers angeführt. Anm. d. Verf. 21 Betreffend des Datums der tatsächlichen Gründung des Ordens vom Goldenen Vlies sind in der Literatur verschiedene Angaben zu finden. Anm. d. Verf. 22 Vgl. S teeb, Christian: Der Orden vom Goldenen Vlies. In: Stolzer/Steeb, Orden,S. 69. 23 Vgl. Trnek, Helmut (H.T.): Der Orden vom Goldenen Vlies. In: Kunsthistorisches Museum Wien (Hg.), Weltliche und Geistliche Schatzkammer. Bildführer (Wien 19912), S. 202 ff. 15