Österreich und das Heilige Römische Reich
KATALOGTEIL - I. Kaiser, Könige und Landesfürsten
I KAISER, KÖNIGE UND LANDESFÜRSTEN Das Verhältnis Österreichs zum Reich ist seit seinem Bestehen von einer gewissen Ambivalenz geprägt. Einerseits das Bestreben, sich als besonderen Teil, als Herz und Schild des Reiches, wie es bei Rudolf dem Stifter heißt, zu verstehen, andererseits der Wunsch nach Ausnahmeregelungen, der eine gewisse Distanz zum Reich zum Ausdruck brachte. Österreich als volkssprachlicher Begriff tauchte - noch vor seiner schriftlichen Fixierung durch die Ostarrichi-Urkunde von 996 - zuerst wohl in der Zeit der Karolinger zur Bezeichnung des fränkisch-bairisch besiedelten Grenzlandes im Osten wie auch im engeren Sinn für das heute niederösterreichische Donauland auf; in der ottonischen Mark der Babenberger wurde er zur Bezeichnung eines politischen Gebildes, das zum Ausgangspunkt der staatlichen Entwicklung Österreichs werden sollte. Für die Mark der Babenberger stand anfangs die militärische Funktion im Dienst des Reiches gegen Ungarn im Vordergrund. Mit dem Privilegium minus wurde die Zugehörigkeit zum Herzogtum Baiern beendet; die Bestimmungen über Gerichtsbarkeit, Hof- und Heerfahrt des neuen österreichischen Herzogs trugen den Keim zu einer Sonderentwicklung in sich, die später verstärkt aufgegriffen wurde. Schon vorher war ein Markgraf wie Leopold der Heilige aber auch als möglicher Kandidat für die Wahl zum Reichsoberhaupt genannt worden. Der Wiener Hof der Babenberger stellte einen besonderen Anziehungspunkt dar, während sich die politische Bedeutung der babenbergischen Länder auch im Projekt einer Erhebung zum Königreich durch Kaiser Friedrich II. manifestierte. Die Habsburger haben die Traditionen der Babenberger vielfach aufgegriffen. Nachdem sich die territoriale Basis für eine Behauptung der Königswürde als zu schmal erwiesen hatte, wurde durch die Erwerbungen Kärntens und Tirols der Ostalpenraum politisch geeinigt und die Brücke zu den althabsburgischen Besitzungen in der Schweiz und im Südwesten Deutschlands hergestellt. Das Privilegium minus blieb dabei sichtlich nicht vergessen, und als Karl IV. die Habsburger bei den Bestimmungen der Goldenen Bulle über die Königswahl unerwähnt ließ, nahm dies Rudolf IV. zum Anlass, sich durch den Fälschungskomplex des Privilegium maius eine hervorgehobene Stellung zu verschaffen. Friedrich III., in vielem ein Nachahmer Rudolfs IV., hat dessen Bestrebungen aufgegriffen und reichsrechtlich sanktioniert. Ab dieser Zeit gingen die Idee des Kaisertums und die Idee der besonderen Auserwähltheit des Erzhauses eine Verbindung ein, hinter der seit der Wahl Ferdinands I. zum König von Böhmen und Ungarn und mehr noch seit der Rückgewinnung Ungarns gegen die Türken das 29