Österreich und das Heilige Römische Reich
INHALTSVERZEICHNIS - Karl Otmar von Aretin: Österreich und das Heilige Römische Reich deutscher Nation nach 1648
Die Verstrickung in die Konflikte um die italienischen Reichslehen Toskana und Parma war von ernsten Krisen begleitet. Mehrfach schien Europa vor einem Krieg zu stehen, versuchte Kaiser Karl VI. das Reich in einem möglichen Waffengang auf seine Seite zu ziehen. Daher wurden diese Friedensjahre zwischen 1718 und 1732 im Reich auch als eine Zeit ständiger Bedrohungen empfunden. Andererseits ist die Regierung Karls VI. in Österreich und im Reich die Zeit einer hohen kulturellen Blüte. Wien als die Hauptstadt Österreichs entwickelte sich in dieser Zeit zu einer europäischen Metropole. Die reichen österreichischen Adelsfamilien, die Dietrichstein, Lobkowitz, Auersperg, Seilern und wie sie alle hießen, bauten sich auf dem 1683 bei der Belagerung von Wien vor der Stadtmauer niedergelegten Glacis prunkvolle Palais. Wien war aber auch die Hauptstadt des Reiches und wurde auch als solche im Reich angesehen. Für Reichspublizisten, wie Stephan Pütter, bürgerte sich eine Art Kavalierstour durch die Städte ein, in denen die Reichsverfassung lebte10. Sie ging von dem Sitz des Reichskammergerichtes, der engen Stadt Wetzlar, zur Stätte des Reichstages, der Reichsstadt Regensburg, mit ihrem Gesellschaftsleben der Reichstagsgesandten und des diplomatischen Korps, zur Reichshauptstadt Wien, die mit ihrem kulturellen Leben faszinierte. Die Bauten der Barockbaumeister Fischer von Erlach und Lucas von Hildebrandt verliehen Wien einen Glanz, der weit ins Reich und nach Böhmen ausstrahlte. Hildebrandts Hauptwerke, das Gartenpalais Belvedere Prinz Eugens mit seinem Park und das Palais Schwarzenberg waren barocke Anlagen, die in Europa nichts Vergleichbares hatten. Der Barock als Reichsstil wurde von den geistlichen Fürsten und Äbten des Reiches aufgenommen. In vielen reichsunmittelbaren Klöstern entstanden in dieser Zeit Kaisersäle und Kaiserappartements. Sie waren Ausdruck der engen Verbundenheit mit dem Kaiser. In der eigentümlichen Mischung von italienischen und deutschen Einflüssen entstand ein spezifisch österreichisches Staatsgefühl. Wien stellte eine ausgeprägt katholische Pracht zur Schau, deren Faszination sich keiner, der diese Stadt besuchte, entziehen konnte. Für den protestantischen Teil des Reiches hatte diese Hauptstadt aber auch etwas Befremdliches. Nicht alle konnten sich wie der Reichsrechtler Johann Jacob Moser dieser Faszination entziehen. Ihm war in Wien am Reichshofrat eine glänzende Karriere in Aussicht gestellt worden, wenn er zum Katholizismus übertreten würde. Ebenso wie seinem Kollegen Stephan Pütter, dem es ähnlich ging, verließen sie Wien. Aber sie blieben von dem Glanz des Wiener Hofes und des Kaisertums tief beeindruckt. Am Ende seines Lebens wurde Karl VI. in zwei Kriege, in die Auseinandersetzung um die polnische Königswahl 1733-1735 und in einen Türkenkrieg 1736-39 verwickelt. In beiden Kriegen rächte sich der schlechte Zustand der österreichischen Armee. Zur Überraschung des Wiener Hofes griff Burgdorf, Wolfgang: Die Reichsrechtliche Peregrinatio Academica im 18. Jahrhundert, in: Reichspersonal, Funktionsträger für Kaiser und Reich, hrsg. v. Anette Baumann u. a., Köln- Weimar-Wien 2003, S. 21-57." 18