Österreich und das Heilige Römische Reich
INHALTSVERZEICHNIS - Karl Otmar von Aretin: Österreich und das Heilige Römische Reich deutscher Nation nach 1648
1718 eine Allianz, die durch den Beitritt Hollands zur Quadrupelallianz wurde. Noch im August 1718 wurde die spanische Flotte von den Engländern vernichtend geschlagen. Das gedemütigte Spanien trat der Quadrupelallianz bei. In dem von den vier Mächten geschlossenen Vertrag wurden, sehr zum Ärger des Kaisers, die Erbrechte Elisabeth Farneses in Parma und der Toskana auf ihren damals dreijährigen Sohn Carlos übertragen. Sowohl die Farnese in Parma-Piacenza, wie die Medici im Großherzogtum Toskana standen vor dem Aussterben. Noch lebten Herzog Anton von Parma-Piacenza, der letzte Farnese, und Gian Gastone, Großherzog der Toskana, der letzte Medici. Das einzige Zugeständnis, das Karl VI. erreichte, war, dass Toskana und Parma-Piacenza als Reichslehen an den Infanten Carlos kommen sollte. Das war für Kaiser Karl ein geringer Trost, zumal in diesem Vertrag Spanien das Recht eingeräumt wurde, Truppen in Parma und Toskana zu stationieren. Mit einer unglaublichen Zähigkeit wusste der Kaiser, mit allen möglichen und unmöglichen Ausflüchten, auf den internationalen Kongressen von Cambrai (1724) und Soissons (1728) die Rückkehr der Spanier nach Italien zu verzögern. Es ging um den europäischen Frieden. Deshalb waren die europäischen Mächte zufrieden, die Erbfolgen in Parma und Toskana geregelt zu haben, auch wenn der Kaiser alles unternahm, um die Rückkehr der Spanier nach Italien zu verhindern. Keine der europäischen Großmächte verspürte Lust, in einen toskanischen Erbfolgekrieg verwickelt zu werden. Österreich entfernte sich mit seiner Politik immer mehr von den Problemen des Reiches. Dazu kam, dass Karl VI. Österreich unter ein Sonderrecht stellte. 1713 regelte er die Erbfolge in Österreich in der so genannten Pragmatischen Sanktion. Diese war ein Gesetz, das die zu Österreich gehörenden Länder zu einer Einheit zusammenfasste. Sowohl die zum Reich gehörenden Erblande, wie Ungarn und die italienischen Besitzungen bildeten die Großmacht Österreich. In der Pragmatischen Sanktion war für den Fall, dass kein männlicher Erbe vorhanden war, für die gesamte Monarchie die weibliche Erbfolge festgesetzt worden. Gegen Ende der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts war klar, dass Karl VI. keine männlichen Erben mehr zu erwarten hatte. Die weibliche Erbfolge widersprach jedoch der Reichsverfassung. Sie musste für die zum Reich gehörenden Gebiete vom Reichstag gebilligt werden. Auch international war sie ungewöhnlich und musste von den Mächten anerkannt werden. Gegen Ende der zwanziger Jahre verstärkte Karl VI. seine Bemühungen, die Pragmatische Sanktion im Reich und international anerkennen zu lassen. Die Anerkennung des Reichstages erreichte er gegen erheblichen Widerstand am 3. Februar 1732. Im Jahr davor hatte sie Karl VI. von England erhalten. Dasselbe gelang ihm mit Spanien und Frankreich. Österreich war eine unter einem eigenen Erbgesetz stehende Großmacht geworden. Das Reich wurde zum Anhängsel, das mit seiner Rechtsordnung und seinen Besonderheiten in Wien immer weniger Verständnis fand. Reichspolitik und österreichische Großmachtpolitik folgten anderen Gesetzen, wobei die Reichspolitik immer öfter hinter der Großmachtpolitik zurückstehen musste. 17