Österreich und das Heilige Römische Reich

INHALTSVERZEICHNIS - Karl Otmar von Aretin: Österreich und das Heilige Römische Reich deutscher Nation nach 1648

Reichsgrafen und Reichsstädte, sollten mit Geldzahlungen zum Unterhalt der Privatarmeen der Fürsten beitragen. Damit hätten die Fürsten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die Landstände hätten die Kosten dieser Armeen, die ja nun Teile der Reichsverteidigung gewesen wären, tragen müssen. Der Kaiser aber wäre von diesen Armeen abhängig gewesen. Leopold ließ sich deshalb auf dieses Angebot nicht ein. In eingehenden Verhandlungen erreichte er in der vorläufigen Reichskriegsverfassung die Bildung einer Reichsarmee von im Frieden 40 000 Mann, die in Kriegszeiten verdoppelt und verdreifacht werden konnte. Sie sollten nicht von den Fürsten, sondern von den Reichskreisen gebildet werden. Die Reichskreise legten fest, wie viele Soldaten der einzelne Reichsstand zu stellen hatte. Das Reich war seit dem 16. Jahrhundert in zehn Reichskreise aufgeteilt. Die Kreise hatten beim Unterhalt und der Organisation des Reichskammergerichtes eine wichtige Funktion. Nun kam die Organisation der Reichsverteidigung dazu. Was dabei herauskam, war eine merkwürdige Armee. Wie sollte ein schlagkräftiges Heer entstehen, wenn kleinere Reichsgrafen oder Reichsstädte z. B. nur einen Infanteristen und zwei Reiter zu stellen hatten, Johann Jacob Moser schrieb denn auch im 6. Band seines „neuen Teutschen Staatsrechts“: Die bei einem Reichskrieg und einer Reichsarmee sich äußernden Gebrechen sind groß, auch viel und mancherlei, daß man, so lange das Teutsche Reich in seiner jetzigen Verfassung bleibt, demselben auf ewig verbieten sollte, einen Reichskrieg zu führen, so lange es möglich ist'. Kaiser Leopold war es damit gelungen, den für die Mindermächtigen so bedrohlichen Gegensatz zwischen den Armierten und Nichtarmierten zu beseitigen. Zur Reichsarmee trugen alle bei, auch wenn sie nur wenige Mann zu stellen hatten. Mit dieser Reichskriegsverfassung waren auch die Kosten fixiert, die die Landstände für das Militär zu tragen hatten. Eine reine Verteidigungsarmee war entstanden, die z. B. die Grenzen des Reiches nicht überschreiten durfte. In der akuten Bedrohung durch die Kriege Ludwigs XIV. und den Ansturm der Türken war Leopold ein großes Risiko eingegangen. Diese Armee war nur in Verbindung mit der kaiserlichen österreichischen Armee einsetzbar. 1681 war die vorläufige Reichskriegsverfassung vom Reichstag beschlossen und vom Kaiser ratifiziert worden. Kaiser Leopold hatte damit auch die Absicht vieler Fürsten durchkreuzt, über eigene Armeen zu verfügen. Das Bündnisrecht der Fürsten war damit ziemlich wertlos geworden. Über diese Reichsarmee ist viel gespottet worden. Wenn man sie vom militärischen Standpunkt her betrachtet, ist der Spott nicht unberechtigt. Aber Leopold I. ging es nicht um eine schlagkräftige Armee. Er wollte den seit dem Westfälischen Frieden möglichen Aufstieg von Reichsfürsten zu bündnisfähigen 7 7 Moser, Johann Jacob: Neues Teutsches Staatsrecht. Band 6, S. 810. 12

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