Österreich und das Heilige Römische Reich
INHALTSVERZEICHNIS - Karl Otmar von Aretin: Österreich und das Heilige Römische Reich deutscher Nation nach 1648
Die Siege Prinz Eugens gegen die Türken verliehen dem Kaisertum den Glanz, Verteidiger des Christentums gegen die Ungläubigen zu sein. Die im Ganzen erfolgreiche Abwehr gegen die aggressive Politik Ludwigs XIV. und die Erfolge im Kampf gegen die Türken nach der Belagerung von Wien 1683 erhöhten das Ansehen Leopolds als Kaiser. Fast noch wichtiger waren die Erfolge, die Leopold I. in der inneren Reichspolitik errang. Im ersten Rheinbund hatten sich die mächtigeren Fürstenstände unter den Schutz der Garantiemacht Frankreich gestellt. Sie hatten damit eindrucksvoll bestätigt, dass sie die im Westfälischen Frieden enthaltenen Möglichkeiten, das Reich in eine Föderation mächtiger Fürsten zu verwandeln, verwirklichen wollten. Die in diesem Frieden besonders hervorgehobene Landeshoheit der Reichsfürsten und deren Recht, Bündnisse mit auswärtigen Mächten zu schließen, betonten diese Tendenz. Derselbe Friede sprach aber auch eine Garantie für die Existenz aller Reichsstände, also auch der Mindermächtigen und der geistlichen Fürsten, der Reichsgrafen, der Reichsstädte und der Reichsritterschaft aus. Für diese hatte das Bündnisrecht mit auswärtigen Mächten, zum Teil auch die Landeshoheit keine bzw. nur eine untergeordnete Bedeutung. In einem zähen Kampf gelang es Leopold L, die föderalistischen Tendenzen der größeren Stände zurückzudrängen und die Rechte der so genannten Mindermächtigen zu stärken. Mit Recht sah er in ihnen seine eigentliche Klientel, deren Existenz durch ihn und die obersten Reichsgerichte gesichert wurde. Die Reichsstädte und die Reichsritterschaft unterstanden dem Kaiser direkt. Die geistlichen, die mindermächtigen Fürsten und Reichsgrafen sahen im Kaiser ihren Schutzherren vor der Bedrohung durch die so genannten armierten Fürsten, wie sich jene Fürsten nannten, die genügend Geld besaßen, um eine eigene Truppe zu unterhalten. Die im Westfälischen Frieden den Reichsfürsten eröffnete Möglichkeit, Bündnisse mit auswärtigen Mächten zu schließen, war für die armierten Stände Anlass, Überlegungen anzustellen, um eigene größere Armeen zu unterhalten. Ohne solche war ja dieses Bündnisrecht kaum zu verwirklichen. Die in den meisten Ländern existierenden Landstände, mit ihrem Recht, Steuern zu bewilligen, konnten hier leicht eine Behinderung bilden. Zahlreiche Fürsten fühlten sich durch die Landstände auch in ihrer Landeshoheit eingeschränkt. Bei seinen Bestrebungen, die Mindermächtigen zu schützen, engagierte sich Leopold I. daher für die Rechte der Landstände und insbesondere für ihr Privileg, Steuern zu bewilligen. Bei den Verhandlungen, die zum Westfälischen Frieden führten, wurde von protestantischen Fürsten zum ersten Mal die Forderung erhoben, die Landstände zu verpflichten, alle Kosten für die Landesverteidigung zu tragen. Mit dieser Forderung konnten sich die Fürsten in Münster und Osnabrück nicht durchsetzen. Sie wurde aber auf dem ersten Reichstag nach dem Frieden 1653 erneut erhoben. Auch da gelang es den Fürsten nicht, ihr Anliegen ganz zu verwirklichen. In der auf dem Reichstag von Regensburg von 1653/54 beschlossenen Exekutionsordnung wurden die Landstände 10