Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 31. (Budapest, 2017)

Hilda HORVÁTH: Sechs Löffel und sechs Stühle. Die Kunstsammlung des Ehepaars Stéger-Urbán - und was davon geblieben ist

gewiesen. Das 2. Judengesetz (Gesetz Nr. IV. von 1939, veröffentlicht am 5. Mai 1939) versuchte den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Raum der Juden einzu­engen. Infolgedessen wurden mehrere Fir­men „arisiert“, d.h. Eigentumsrechte oder Anteile des Unternehmens wurden mit staatlicher Hilfe an „Arier“ übergeben. Auch der Kohlehandelsfirma Urban wurde das Industrierecht entzogen. Die Einengung der inneren Bewe- gungs- und Wirtschaftsfreiheit und die wachsende Gefährdung der einzelnen Fa­milien haben dazu geführt, dass viele Sammler ihre Kunstgegenstände ins Aus­land gebracht und dort verkauft haben. Am Ende der 1930-er Jahre ist die Zahl der Ausfuhrgenehmigungen sprunghaft gewachsen, zahlreiche namhafte Sammler haben diese Möglichkeit genutzt. So z.B. Emil Delmär, Besitzer einer der herausra- gendsten Kunstsammlungen (die vor al­lem aus Statuen bestand aber auch zahlrei­che kunstgewerbliche Gegenstände um­fasste), hat einen Teil seiner Sammlung im Jahre 1939 zu einer Ausstellung nach Bern gebracht. Er erhielt dafür eine offizielle Ausfuhrgenehmigung, die sogar zweimal verlängert wurde. Von den namhaften Bu- dapester Sammlern haben Rudolf Bedő und Ernő Wittmann den Löwenanteil ih­rer Kollektionen ebenfalls gesetzlich gere­gelt auf ihren ausländischen Aufenthalts­ort gebracht.47 Stégers haben Bilder und kunstgewerb­liche Stücke ins Ausland liefern lassen, mit dem Ziel, diese dort zu verkaufen. 1939 bat Frau Stéger um die Erlaubnis des Muse­ums, einige Stücke zum Verkauf nach Paris zu bringen. Sie erhielt die Genehmigung für die folgenden Kunstgegenstände:48- eine Verdure aus dem 17. Jahrhundert, — einen Stern-Usak (Anfang des 17. Jahrhunderts),-einen großen „spanischen” Teppich mit gelb-grünen Palmetten auf blauem Grund (17. Jahrhundert),-eine Sitzgarnitur mit 10 Möbelstü­cken, Bezug mit gros point-Súckereien auf schwarzem Grund (18. Jahrhun­dert),- einen italienischen Cassone (um 1600),- einen reich geschnitzten französischen Renaissanceschrank (Mitte des 16. Jahrhunderts),- einen orientalischen Paravent. Glücklicherweise kennen wir die oben genannten Kunstwerke bis auf zwei (spani­schen Teppich und orientalischen Para­vent) aus dem Jahrgang 1938 der Zeitschrift Magyar Művészet (Ungarische Kunst).49 Alle diese Gegenstände waren interessant und wertvoll, sie stellten einen musealen Wert dar. Die Erteilung der Ausfuhrgenehmigung warf mehrere Fragen auf. Das Kunstgewer­bemuseum hätte den Usak-Teppich gerne als Gegenleistung für die Abwicklung der Genehmigung erhalten, indem es anmerk­te, dass alle anderen Gegenstände mit einer Art Analogie in der Sammlung des Muse­ums vertreten waren. Frau Stéger jedoch bot - mit dem Hinweis auf ihre Verluste in der Tschechoslowakei - (neben den sechs früher spendierten) weitere sechs Löffel aus Neusohl (ung. Besztercebánya, heute Banska Bystrica, Slowakei) an. Bei der Ent­scheidung über die Ausfuhrgenehmigung war von großer Bedeutung, dass Frau Sté­ger eine große Summe (1500 Pengő) für den Kauf eines vergoldeten Silberhumpens, der aus Paris nach Ungarn kam, spendete: Der erworbene Deckelhumpen war ein Stück des berühmtesten siebenbürgischen Gold­schmiedes, Sebastian Hann.50 Frau Stéger erhielt die beantragte Genehmigung, wor­142

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