Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 29. (Budapest, 2013)

Dóra REICHART: Die Karriere einer Frau in einem Männerberuf in der Zwischenkriegszeit. Das Werk der Innenarchitektin Zsuzsa Kovács in den 1920er und 1930er Jahren

der aus dem Bauhaus heimkehrte und einer der Gründungsmitglieder des CIRPAC war.30 Die Beziehung zwischen den Grup­pen wurde durch das Bedürfnis nach dem gemeinsamen Ziel aufrechterhalten, wobei die Anlässe der Zusammenarbeit auch durch gemeinsame Ausstellungen und Pu­blikationen sichergestellt wurden. Gerade deshalb waren das Programm des „Kollek­tivhauses („kolhäz“), das im Jahr 1931 auf der „Herbstmesse für Wohnungseinrich­tung und Haushalt“ in der Industriehalle im Budapester Stadtwäldchen (Városliget) vorgestellt wurde, und die damit verbunde­ne CIRPAC-Ausstellung für Zsuzsa Ko­vács von besonderer Bedeutung. Als un­mittelbare Vorgeschichte der Veranstaltung nennt sie die bereits erwähnte Bauausstel­lung in Berlin mit großer Wirkung und die damit parallel, ebenfalls in Berlin organi­sierte „Proletarische Bauausstellung“, die dort gehaltenen Kongresse, insbesondere die Vorträge von Ernst May, die Kovács selbst mit József Fischer besucht hatte. Als Wirkung der Ausstellungen in Berlin wer­tet sie auch die im Jahr 1932 in der Galerie Tamás (Tamás Galéria) organisierte CIR­PAC-Ausstellung, die von der Fotoausstel- lung der „Szociofotó“-Gruppe begleitet wurde. Diese Gruppe kam aus den Mitglie­dern des von Lajos Kassák geleiteten Mun- ka-kör (Arbeitskreis) zustande. An dieser Stelle müssen wir die Bezie­hungen von Kovács mit dem Munka-kör von Kassák in Betracht ziehen. Die meisten kurzen Lexikonartikel und Lebensläufe führen ihre Rolle in einer der wichtigsten Bewegungen des Munka-kör an: in der Ver­öffentlichung mit dem Titel „A mi életünk­ből” [Aus unserem Leben], die die besten Fotos der im Jahr 1932 verbotenen Sozial­fotografie-Ausstellung kundgibt. Kovács veröffentlichte ihre Bilder hier unter dem Namen Anna Schmidt.31 Auf die Wirkung der Soziodokumentarischen Fotografie- Bewegungen hin, die als Folge der durch die Weltwirtschaftskrise hervorgerufenen Ver­hältnisse in ganz Europa entstanden, kam im Jahr 1930 auch in Ungarn die Gruppe der Ungarischen Soziodokumentarischen Fotografen (Magyar Szociofotósok Cso­portja) zustande. Mit ihrer Publikation war sie bestrebt, gemäß dem Aufruf in der Zeit­schrift Munka von Kassák den Ausdruck der „sozialistischen Lebenssicht“ zu veröf­fentlichen.32 Auch wenn wir die Tätigkeit von Zsuzsa Kovács als Soziodokumentari- sche Fotografin - mit einer Leihkamera - nicht mystifizieren sollten, sind ihr Interes­se und ihre ideologische Bindung augen­scheinlich und wichtig. Dem Kreis von Kassák schloss sie sich im Jahr 1929 an und schrieb darüber folgendes: „In der dortigen Atmosphäre fand ich das Weiterleben mei­ner Lektüren und Gedanken der Jahre 1918-1919 wieder. Bereits im Jahr 1917 ha­be ich sozialwissenschaftliche Vorträge be­sucht und mich durch Das Kommunistische Manifest und Bebels Die Frau und der Sozi­alismus durchgearbeitet. Ich habe versucht, Das Kapital in Deutsch (!) zu lesen, die Werke Kassáks kannte ich.”33 Im „Kassák- Milieu“ nahm Kovács an jeder Arbeit des Kreises teil, so auch an den Auftritten des von Jolán Simon geleiteten Sprechchors und Volksliedchors in Wien und in der Tsche­choslowakei. All dies war Teil der „einheit­lichen Gegenkultur“, wie Péter Konok sie nennt, in der Kassák „hinsichtlich des Uni­versums der Lebensweise, der Moral, Poli­tik und Kunst“ dachte.34 Zsuzsa Kovács wurde durch ihr soziales Engagement, das in ihrem Werk ständig zur Geltung kam, zur Kommunistischen Partei geführt, als Mitglied derjenigen Generation, die - mit den eigenen Worten von Kovács ­92

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