Prékopa Ágnes (szerk.): Ars Decorativa 29. (Budapest, 2013)

Dóra REICHART: Die Karriere einer Frau in einem Männerberuf in der Zwischenkriegszeit. Das Werk der Innenarchitektin Zsuzsa Kovács in den 1920er und 1930er Jahren

lieh des Themas der modernen Wohnung und des modernen Möbels. Der CIAM- Kongress im Jahr 1929 in Frankfurt am Main mit dem Hauptthema „Die Wohnung für das Existenzminimum” deckte zusam­men mit der dort formierten ungarischen Sektion des CIRPAC (Comité Internatio­nale pour la Résolution des Problèmes de l’Architecture Contemporaine) neben äs­thetischen Fragen auf das Wesentliche ge­richtete gesellschaftliche Bedürfnisse auf, die die Aufgaben des Architekten der Zu­kunft von Grund auf determinierten. Die Bestimmung und Lösung der Probleme reichte von der Stadtplanung über die kleinsten Einheiten, nämlich die Wohnun­gen, bis hin zu den Möbelstücken. In der Schaffung einer gesunden Gesellschaft kam - über die staatlichen Maßnahmen und Wohnungsunterstützungen hinaus - dem Architekten eine besonders wichtige Rolle zu. Im Vergleich zur früheren allgemeinen Auffassung zeichnen diese neuen, internati­onalen Studien ein neues Menschenbild. Der „neue Bürger“ der Zeit hat neue Be­dürfnisse, die gegenüber dem Wohnungs­bau neue Anforderungen stellen. Der „mo­derne” Mensch der Zeit benötigt Luft, Licht, Sauberkeit und vor allem Zeitersparnis - all dies kam in der zeitgemäßen Wohnungspla­nung als Leitprinzip zur Geltung. Die ver­stärkte Untersuchung der Kleinwohnungen war gerade deshalb von herausragender Be­deutung: Die hier formulierten Aspekte er­schienen nämlich auch im Fall der größeren Einfamilienhäuser, manchmal auch im Fall der Luxusvillen als Bedürfnis. Die sich aus der Funktion ergebenden Qualitätsprinzi­pien, die zu Beginn in erster Linie Wirt­schaftlichkeitsaspekten dienten, wurden nun zugleich zu ästhetischen Wertträgern. Zwar war Kovács weder internes, noch externes Mitglied der ungarischen CIR­PAC-Sektion, doch war sie infolge ihrer Denkweise bzw. ihrer gesellschaftlichen Kontakte mit der Organisation und deren Mitgliedern verbunden. Wie sie in einem zusammenfassenden und später im Jahr 1970 erschienenen Manuskript ausführte, konnte die CIRPAC-Initiative bei weitem nicht als isolierte Erscheinung angesehen werden.28 Dank des Beziehungssystems der Organisation wurde im Zeichen des „Zu­sammendenkens“ ein aktives Netzwerk an Unterstützern aufrechterhalten. Die Initia­tive pflegte zu diversen Gruppierungen Kontakte und gewährte ihren Mitgliedern einen Durchgang zwischen diesen. Auch für die ungarischen Architekten und In­nenarchitekten wurde es wichtig, einem breiteren Kreis, ja sogar einer breiten Mas­se eine qualitativ hochwertige Wohnbarkeit und günstige, aber anspruchsvolle Möbel erschwinglich zu machen. Die Zeitschrift Tér és Forma, herausgegeben von Virgil Bierbauer (Borbíró), die ein modernes Or­gan des Berufs war und auch viele Publika­tionen von Zsuzsa Kovács veröffentlichte, fühlte sich für das Thema verantwortlich und widmete der Tätigkeit des CIRPAC zahlreiche Sonderausgaben.29 Mindestens eine genauso enge Bindung kann mit dem Ungarischen Werkbund (Magyar Műhely- Szövetség) nachgewiesen werden, der im Jahr 1932 „im Interesse der Förderung der ungarischen Industrie und des ungarischen Geschmacks“ als Fachabteilung des Natio­nalen Industrievereins (Országos Iparegye­sület) gegründet wurde und nach deut­schem Muster die Einführung des „Werk­bund-Gedankens” zum Ziel hatte. Kovács war als Mitglied des Organisationskomi­tees und des Ausschusses des Werkbunds tätig, unter anderem mit Mitgliedern wie Lajos Kozma, Károly Weichinger, Gyula Kaesz, Károly Rosner oder Farkas Molnár, 91

Next

/
Thumbnails
Contents