Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 27. (Budapest, 2009)
Györgyi NAGY: Gemalte Textilmuster in der Flügelaltarkunst des mittelalterlichen Ungarns
vermittelte niederländische und fränkische Wirkung erkennbar ist. 4 6 Das Aufkommen des behandelten Textilmusters an den in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstandenen und bis heute erhaltengebliebenen Tafelbildern zeugt von der Popularität und der Verbreitung des ursprünglichen Stoffes, durch ihn wird das Material von weltlichen und geistlichen Sammlungen bereichert, selbst in seiner gemalten Variante. Der Unvollständigkeit des ungarischen Materials wegen kann man Ergebnisse ähnlich denen des Musterkatalogs mit den in verschiedenen Techniken gemalten Stoffmustern der schwäbischen Flügelaltarkunst nicht aufzeigen. Aber die Ähnlichkeit der gemalten Muster ergänzt in einem Fall die bisherigen Feststellungen. So deutet nicht nur die Verwandtschaft der einzelnen Bildkompositionen, sondern auch das dargestellte Textilmuster an den beiden Altären auf die Lehrzeit des Bartfelder Malers des Geburt-Jesu-Altars in der Werkstatt des Kaschauer Hauptaltars. Ob ein und dieselbe Lochpause benutzt wurde, kann nur durch einen genauen Vergleich der Textilmuster - die man unmittelbar vom Tafelbild auf eine Folie überträgt und dann miteinander vergleicht - festgestellt werden. Auch in der europäischen Malerei kann das behandelte Textilmuster lange Zeit hindurch aufgezeigt werden. Als erstes bekanntes Beispiel kann sein Vorkommen an der Dalmatika des Erzengels Gabriel in der Szene Verkündigung an der Außenseite des linken Flügels am Retabel in Ehningen, das um 1475 entstanden ist, angeführt werden. Es kann ganz bis in die 1520er Jahre nachgewiesen werden, und zwar nicht nur als gemalte Variante, sondern auch als Goldornament geschnitzt, getrieben, in Sgraffitound gepresster Brokat-Technik. 4 7 Die hier gegebene Zusammenstellung der auf Tafelbildern des mittelalterlichen Ungarns dargestellten Textilmuster kann ein wichtiger Beitrag zu diesem Forschungsthema sein und eine gute Ergänzung zu dem bisher zusammengestellten Musterkatalog bilden. ANMERKUNGEN 1 Erwin Panofsky: Die airniederländische Malerei. Ihr Ursprung und Wesen. Ubers, und hrsg. Jochen Sander-Srephan Kemperdick. Köln 2006, S. 155-157 (im Weiteren: Panofsky 2006) (Erstausgabe: Early Netherlandish Paintings. Its Origins and Character. Vol. 2, Cambridge 1953). 2 Das Buch von der Kunst oder Tractat der Malerei des Cennino Cennini da Colle di Valdelsa. Ubersetzt, mit Einleitung, Noten und Register versehen von Albert Ilg. Wien 1871 (im Weiteren: Cennini), Kapitel 144. 3 Barbara Beaucamp-Markowsky: Die Seidenstoffe auf den Gemälden des Bartholomäusmeisters. In: Genie ohne Namen. Der Meister des Bartholomäus-Altars. Hrsg. R. Budde-R. Krischel. Ausstellungskatalog, Wallraf-Richartz-Museum Köln, 2001 (im Weiteren: Beaucamp-Markowsky 2001), S. 196. 4 Liana Castelfranchi Vegas: Italia e Flandra. Nella pittura del Quattrocento. Milano 1983, S. 56-66. 5 Panofsky 2006, S. 10-11. 6 Achim Simon: Osterreichische Tafelmalerei der Spätgotik. Der niederländische Einfluss im 15. Jahrhundert. Berlin 2002 (im Weiteren: Simon 2002), S. 12, 109. Simon schrieb den Passionszyklus des Schottenaltars - der in der Fachliteratur traditionell verbreiteten Auffassung folgend - aufgrund der maltechnischen Unterschiede dem lasurartig malenden älteren Meister, den Marienzyklus wiederum dem pastoser malenden, stellenweise eine sehr detaillierte Malmethode anwendenden jüngeren Schottenmeister zu (S. 238). Artur Saliger schreibt in seiner Monographie über den Schottenmeister den Passionszyklus dem führenden Meister, den Marienzyklus wiederum dem jüngeren Meister und wei63