Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 27. (Budapest, 2009)

Györgyi NAGY: Gemalte Textilmuster in der Flügelaltarkunst des mittelalterlichen Ungarns

in Bartfeld und Kaschau kommt das Motiv in dieser Form vor. Nicht nur die Ver­wandtschaft der einzelnen Bildkompositio­nen deutet darauf, dass mehrere Maler von Bartfeld, unter ihnen auch der Meister des erwähnten Altars, in der Werkstatt des Ka­schauer Hauptaltars gelernt haben, sondern auch das gemalte Textilmuster. 4 0 Im einstigen Komitat Szepes (Zips) kann man das behandelte Textilmuster an drei Schöpfungen nachweisen. Das führende und inspirierende Zentrum der Zipser Werkstätten bildete sich in Zipser Kapitel (Szepeshely, heute: Spisská Kapitulä, Slowa­kei) heraus. In den l470/80er Jahren war in dem Propstsitz eine lebhafte Altarbautätig­keit im Gange. In der Kirchenweihungsur­kunde von 1478 sind die bis zu diesem Zeit­punkt fertiggestellten Altäre angeführt: der Hauptaltar stand bereits, ebenfalls der St. Michael-, der Anbetung der Könige- und der Marientod-Altar. Der St. Michael-Altar ist sowohl von stilistischem als auch ikono­graphischem Gesichtspunkt ein herausra­gendes Beispiel für das Aufkommen der nie­derländischen Malerei und konnte eine wirklichkeitsgetreue Darstellungsweise an seine Umgebung vermittelt haben. Von wei­tem erinnert das gemalte Blumenmuster am Pluviale des Heiligen an ein Detail des hier behandelten Textilmusters. Der gut geschul­te Maler des Marienkrönungsaltars kannte das Kolorit und die Motive des Meisters von Flémalle und Rogier van der Weydens ganz sicher nur indirekt und gestaltete sie indivi­duell um. An den Fragmenten des in die Zeit um 1480/90 datierten einstigen Altars von Zipser Kapitel, 4 1 der in den Kreis der Meister des Marienkrönungsaltars von Zip­ser Kapitel gereiht wird, ist die gold-grüne Variante des Musters, oberflächlich ausgear­beitet, am Baldachin hinter Maria auf der Verkündigung und in der Szene Darstellung Jesu im Tempel an der Altardecke. Außer dem Meister des Krönung-Mariä-Altars von Zipser Kapitel ist die andere bedeutende Persönlichkeit der Zipser Malerei der Maler des einstigen Hauptaltars von Kirchdrauf (Szepesváralja, heute: Spisské Podhradie, Slowakei) aus der Zeit 1493/94. An der Au­ßenseite des linken beweglichen Flügels kommt das Stoffmuster in der Szene des üp­Jers des heiligen Joachims 4 2 als Muster der Al­tardecke vor, ebenfalls in oberflächlicherer Ausführung. Die Benutzung von Lochpau­sen kann dadurch bewiesen werden, dass das Musterrapport nicht senkrecht, sondern waagerecht verläuft. Die Gewandverzierung der heiligen Barbara, Katharina und Marga­rethe im mittleren Bild des 1493 errichteten Märtyrerjungfrauen-Altars in Késmárk (heute: Kezmarok, Slowakei) bildet eben­falls das behandelte Textilmuster. 4 3 Am Gewand Gottes und Marias in der Szene Marienkrönung im unteren Tafelbild am rechten beweglichen Flügel des Marien­altars (um 1480/90) in Pukkanz (Bakabá­nya, heute: Pukanec, Slowakei) im einstigen Komitat Hont ist das behandelte Muster ebenfalls zu sehen. Sein Maler, den lockere Fäden an die Anhänger des Meisters von Já­nosrét (heute: Lücky pri Kremnici, Slowa­kei) knüpfen, war in der Umgebung des so­genannten Zweiten Meisters von Bát (heute: Bátovce, Slowakei) tätig. 1 Auf dem wahrscheinlich aus Transdanu­bien stammenden, den heiligen Martin dar­stellenden Tafelbild 4 5 aus der Zeit um 1490 ist das Gewand des Heiligen mit der grün­goldenen Variante des Musters, bis ins Kleinste gehend gemalt, dekoriert. (Abb. 7.) Der Stil des Malers ist mit der Malerei Österreichs, genauer mit jener des Meisters der Divisio Apostolorum aus der Steier­mark verwandt, in dessen Kunst die durch den Hauptaltar der Schottenkirche in Wien 62

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