Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 26. (Budapest, 2008)

Imre TAKÁCS: Opus duplex in der Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts und die höfische Kultur

IMRE TAKÁCS OPUS DUPLEX IN DER GOLDSCHMIEDEKUNST DES 13. JAHRHUNDERTS UND DIE HÖFISCHE KULTUR In memóriám Eva Kovács (1932-1998) Mehrere, fast zufallig zusammenfallende Aktualitäten trugen zum Zustandekommen vorliegender Studie bei. Eine davon ist zweifellos darin zu sehen, dass ich mich in den letzten Jahren im Budapester Kunst­gewerbemuseum mit einer besonderen Goldschmiedearbeit aus dem Mittelalter befassen konnte. Dieses Kunstwerk hatte Eva Kovács vor mehr als 30 Jahren zusam­men mit anderen ähnlichen Gegenständen entdeckt und für die europäische „Mode­geschichte" beschrieben. 1 Es handelt sich hierbei um einen nicht als einmalig zu be­zeichnenden kunsthistorischen Fall, bei dem zwischen der minuziösen Dekoration eines kleinen Gebrauchsgegenstandes und einem in jeder Hinsicht entfernten künst­lerischen Gebiet, der architektonischen Ornamentik, eine überzeugende Parallele hinsichtlich der Form gezogen werden kann. Letzteres Gebiet war mir auch bisher nicht gleichgültig, hatte ich doch in jüngster Zeit - vollkommen unerwartet - mehr als früher die Möglichkeit, mich mit derartigen Fragen zu befassen. Werke und Quellen Eva Kovács lenkte in der oben erwähnten Studie nicht ohne Grund die Aufmerksam­keit auf das Versäumnis der Forscher, dass sie die mit dem Gebrauch der mittelalter­lichen Gegenstände zusammenhängende funktionelle und typologische Analyse sowie die Darlegung der dazu gehörenden schriftlichen Quellen vernachlässigt hatten. Ihr ist es zu verdanken, dass der Gebrauch der Repräsentationsgegenstände und des Modezubehörs, der Kronen, Schnallen und Fibeln, die Art ihres Tragens und nicht zuletzt der spezielle Wortschatz zu ihrer Beschreibung in der ungarischen Kunst­geschichte allgemein bekannt sind. In vorliegendem Fall handelt es sich ebenfalls um ein Tragezubehör, obwohl diese Eigenschaft nur einer der beach­tenswerten Züge dieses ursprünglich als Paar benutzten Schmuckstückes ist. (Abb. 1) Es besteht aus einer kreisrunden Platte mit Zackenbogenrand und darauf applizierter, sich kuppeiförmig hervorhebender, durch­brochener, gegossener Rankenverzierung mit Einfassungen für Edelsteine. Das Rankengeflecht scheint aus unregelmäßigen Windungen zu bestehen, teilt sich aber in Wirklichkeit in vier vollkommen identisch aufgebaute, miteinander verknüpfte Teile. Abschnittweise zweigen jeweils zwei perlen­haltende Stäbchen strahlenförmig auseinan­der, an den Enden sind winzige Perlen. Am Rand der Platte ist eine Reihe regelmäßiger Löcher, die allerdings - wie Eva Kovács behauptet - keinesfalls der Verzierung dienen, sondern das Aufnähen dieser Gold­schmiedearbeit an Stoff oder Leder er­möglichten, was zum Erkennen der ur­sprünglichen Funktion des Gegenstandes beiträgt. Außer den Perlen gehörten als wei-

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