Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 26. (Budapest, 2008)

Imre TAKÁCS: Opus duplex in der Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts und die höfische Kultur

si 23. Zweischichtiges Blattornament auf dem Westportal des ehemaligen Prämonstratenserstiftes in Ipolyság (heute: Sahy, Slowakei) Portals, dessen Verwirklichung man sich schwer ohne die Kenntnisse der Werkstatt­praxis der Reimser Kathedrale vorstellen kann, 74 wurde der gleiche Typ des Ranken­werkes angewandt wie bei den Steineinfassun­gen der Krakauer Kronen. In einem ähnlichen Verhältnis zu dem Rankengeflecht der Krone steht ein anderes Gebäude in Ungarn, die Verzierung des Westportals der Prämonstra­tenserkirche in Ipolyság, die ganz offen­sichtlich das Derivatum des Portals von Pannonhalma ist. (Abb. 23) Das Verstehen der mitteleuropäischen opera duplicia ist allen Anzeichen nach un­zertrennlich vom Verstehen der sich haupt­sächlich aus westlichen Inspirationen nährenden künstlerischen Atmosphäre, die seit den 1210er und 1220er Jahren charak­teristisch für die Herrscherhöfe dieses Gebietes, vor allem den ungarischen König­reich der Arpaden - und man kann noch das höfische Zentrum der Babenberger in Klosterneuburg hinzufügen - war. Eine Zeitlang hatte in diesem Gebiet dieser von weither gekommene künstlerische Dialekt die führende Rolle in der Architektur, der Grabmalkunst, in der auch auf Siegeln vorkommenden figurativen Repräsentation sowie in der für den Hof und die Aristok­ratie, die richtungsgebend für die Mode bei Hofe war, Schmuck anfertigenden Gold­schmiedekunst inne. Es wäre aufschluss­reich, nicht nur den familienpolitischen, sondern auch den wirtschaftshistorischen Hintergrund dieser kulturellen Situation aufzudecken. Wahrscheinlich würde man auf unmittelbare Zusammenhänge zwischen der westlichen künstlerischen Orientierung und den „neuen Maßnahmen" (novae insti­tutions) Andreas' IL, der Politik der allge­meinen Teilung (generalis distributio), stoßen, deren Vorbild Gyula Kristó nach die wirtschaftliche Reformpolitik des franzö­sischen Königs Phillipp August war." Natürlich ist die Kenntnis eines künst­lerischen Dialektes, besonders dann, wenn von der höfischen Welt zur Zeit der Gotik und hinsichtlich deren diplomatischer Tätigkeit von einer außerordentlich inten­siven Periode die Rede ist, nicht auf ein einziges politisches oder sprachliches Gebiet zu beschränken, sondern auf alle Fälle auf internationaler Ebene zu verstehen. Die neueste literaturhistorische Interpre­tation des Figurenzyklus der einen Krakauer Krone findet vielleicht eine Verbindung zu diesem historischen Kontext. Nach Joanna Mühlemann und Rainer Sachs lebt auf der Krone „A" eine Episode der mittelalter­lichen Arthurlegende, die Geschichte von Erec und Enid, wieder auf. 76 Wie bekannt, ist der ideale Mittelpunkt des Ritterkults in den Arthus-Geschichten die Tafelrunde, wo der König im wesentlichen die Macht als

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