Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 26. (Budapest, 2008)

Imre TAKÁCS: Opus duplex in der Goldschmiedekunst des 13. Jahrhunderts und die höfische Kultur

die Krone von Goranu einem Fürsten der von den ungarischen Priestern 1227 zum Christentum überführten Kumanen gehört haben, d. h. die 1241 aus Siebenbürgen geflüchteten Kumanen hatten sie mit sich genommen. 50 Man kann sie aber auch mit der Auflösung des für die Kumanen auf der anderen Seite der Karpaten gegründeten und von den Mongolen vernichteten Bistums Milkö in Zusammenhang bringen. 51 Eine der treibenden Kräfte bei der Christianisierung der Kumanen war übri­gens der gleiche aus einer burgundischen Familie stammende Bischof Bertalan von Fünfkirchen (Pécs), dem einige Jahre später die Vorbereitungen zu dem aragonischen Ehebündnis der Tochter Andreas II. und die Begleitung der Königstochter übertragen wurden.' 2 An dieser Stelle lohnt es sich, auf die von Irene Hueck, H. R. Hahnloser und Erich Steingräber vertretenen, vor allem mit der Schlussfolgerung von Lotte Kurras polemi­sierenden Ansicht zurückzukommen. Die Hypothese, nach der die Heimat des mit­teleuropäischen opus duplex Venedig war, wurde seit ihrer ersten Publizierung viel diskutiert. Besonders auf die Frage, warum denn wohl von den erhaltenen opera duplicia in der Schatzkammer von San Marco über­raschenderweise nur ein einziges Stück, ein übrigens nicht aus früherer Zeit als vom Ende des 13. Jahrhunderts stammendes Dornenrehquiar - nach Steingräber gera­dezu als Werkstatt-Signum 5i - sei, erarbeitete Irene Hueck eine sehr sonderbare Antwort. Ihr zufolge seien sämtliche Gegenstände dieses Typs bei dem verheerenden Brand von 1231 in der Kathedrale von Venedig vernichtet worden, woraus sich die paradoxe Situation ergibt, dass die früheste Periode des venezianischen opus duplex heute aus­schließlich durch „Exportgegenstände" vertreten ist. 54 Die Autorin verstand unter „Exportgegenstände" selbstverständlich nur diese zusammenhängende Gruppe, die Lotte Kurras aufgrund von Provenienz- und Quellenangaben auf Ungarn lokalisierte, 55 und deren stilistische Umgebung Eva Ko­vács mit überzeugenden Stücken berei­cherte. 56 Kann es sich hierbei nicht eher dämm handeln, dass vor der Mongolen­gefahr aus Ungarn geflüchtete Mitglieder des Hofes, vor allem einige Meister des Hofes, in Venedig Zuflucht und ein Aus­kommen gefunden hatten und hier die Kenntnis von der Herstellung des opus duplex weiter verewigten, die dann fünfzig Jahre später in den Augen der damaligen Zeitgenossen bereits opera venetica waren? Die Kompliziertheit der Frage wird noch dadurch gesteigert, dass Percy Ernst Schramm, der hervorragende Forscher der mittelalterlichen Herrschaftszeichenge­schichte, die gleichen Kunstwerke - vor allem die Kronen - aus dem Rheingebiet oder aus Lothringen herleitete, aber auf alle Fälle an die Staufer und innerhalb dieser an die höfische Kunst Kaiser Heinrichs VII. knüpfen wollte, ohne dass durch Quellen oder archäologische Fundorte lokalisierte, gleichaltrige Werke identischen Charakters aus dem westlichen Teil des Reiches hätten aufgezeigt werden können. 57 Von seiner Annahme nicht weit entfernt sind diese Forscher, die, sich in erster Linie auf Hugo d'Oignies berufend, nicht nur die Quelle, sondern auch die Werkstätten des Opus­duplex-Stih im Maasgebiet suchten. 58 Der Stil der Figuren an den Krakauer Kronen kann tatsächlich mit Hilfe eines im Maasgebiet beheimateten Figurenstiles interpretiert wer­den, der auch den Werken von Hugo d'Oignies nicht fremd ist. Man muss aber auch József Deér zustimmen, der damit im Zusammenhang zu der vorsichtigen Schluss­folgerung gelangte, dass es sich hierbei um Erscheinungen identischer Tendenz handelt,

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