Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 25. (Budapest, 2007)

Hilda HORVÁTH: Französisches Luxusparfüm - in einer einstigen Budapester Wohnung

den Konkurrenzkampf der Großkaufhäuser verbreitet. Die Weltausstellungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts und andere interna­tionale und nationale Ausstellungen boten reiche Möglichkeiten zur Vorstellung neuer Produkte, unter denen die besten mit Preisen gekrönt wurden und durch die Öffentlichkeit neue Märkte eroberten. Dies verlief parallel zum Wiederaufleben der Parfümindustrie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und mit deren unglaub­lichem Aufschwung in den 1880er, 1890er Jahren. Daß dies so geschah, lag an zahl­reichen Komponenten; neuere Forschungen wiesen auf den gesellschaftlichen und sozi­ologischen Hintergrund dieser Erscheinung hin.3 Parfüm galt bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als wahrer Luxus, es war teurer als Schmuck und somit ein Privileg von Auserwählten. Seit Mitte des Jahrhunderts wurden im Zuge der zunehmenden Industrialisierung immer neue technische Möglichkeiten, chemische Verfahren ent­deckt, wodurch nach Gewinnung natürli­cher Stoffe nunmehr auch auf synthetischem Wege Parfüm hergestellt werden konnte. Demzufolge ist Parfüm etwas billiger gewor­den, und neue Möglichkeiten erschlossen sich für Duftkompositionen durch feine Mischungen. Wenn auch nicht mit großer Geschwindigkeit, aber allmählich ver­besserte sich auch die soziologische Lage, das Bürgertum erstarkte, strebte nach Wohl­stand, wollte und konnte seine Ansprüche in zunehmendem Maße befriedigen. Die steigende Nachfrage nach Parfümgebrauch meldete sich bereits damals. Zugleich regten auch die hygienischen Forderungen, die Sehnsucht nach Reinheit, zunehmend die Herstellung von feinen, höchst mannigfalti­gen und abwechslungsreichen Toiletten­artikeln an. Parfüm war selbstverständlich auch weiterhin nicht ein Requisit des All­tags, es gehörte bei den Bürgern eher zum Luxus der Feiertage. Es wurde ein uner­lässlicher Zubehör der Eleganz, ein Accessoire der eleganten Kleidung. Parfüm ist ein Be­standteil der Mode geworden. Die mensch­lichen Beziehungen, die gegenseitigen gesellschaftlichen Erwartungen erforderten ebenfalls derartige hohe Ansprüche. Parallel damit, daß das Parfüm unter den An­sprüchen immer breiterer Gesellschafts­schichten Platz fand, sind wir auch Zeugen eines Demokratisierungsprozesses. Das Privileg der Privilegien ist allmählich für viele erreichbar geworden. Dabei kamen aber der hierarchische Aufhau der Ge­sellschaft und dessen Folgen auch in der Welt des Parfüms zur Geltung. Auch darin kann man eine interessante Ambiguität ent­decken, daß dieses unfaßbare, sich ver­flüchtigende, allmählich entweichende Material ein Produkt von materiellem Wohlstand geworden ist. Die Packung von Parfüms, und die Packungskultur im allgemeinen erlangten im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts so richtige Bedeutung und verbanden sich mit der Massenproduktion, mit der industriellen Herstellung. Im zunehmenden Konkurrenz­kampf ist die Packung neben den Plakaten und den Zeitungsanzeigen selbst ein wichtiger Reklameträger geworden. Parfüm wurde in kleinen Fläschchen angeboten, die von berühmten Künstlern entworfen wur­den. Die Firma Baccarat war die erste, die solchen Ansprüchen genügen wollte; vom Beginn des 20. Jahrhunderts erlangte sie auch mit den Fläschchen des vielseitigen Künstlers Lalique große Anerkennung. Unter Bewahrung der grundlegenden Formmerkmale ist die Flasche selbst tradi­tionell geblieben, einzelne Stilrichtungen und fallweise Designer von kühnerer Phantasie warfen zuweilen extravagante Stücke auf den Markt. Bereits in den 1880er, 1890er Jahren wurden die Fläschchen in 80

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