Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 25. (Budapest, 2007)

Balázs SEMSEY: Ein Sekretär vom Beginn des 19. Jahrhunderts mit der Darstellung von Antonio Canovas Wiener Maria-Christinen-Denkmal

erschienen. Das anonym veröffentlichte Heft: ist in Wirklichkeit eine gekürzte und bearbei­tete Variante von Viveres erwähntem Band.15 Neben den hier angeführten Ausgaben hat noch eine kleine erklärende Tafel neben dem Denkmal in der Augustinerkirche zur Verbreitung der allegorischen Interpretation des Werkes beigetragen.16 Canovas Werk ist in kurzer Zeit zu einer Sehenswürdigkeit Wiens geworden. Seine allgemeine Bekanntheit könnte nicht besser nachgewiesen werden als dadurch, daß der als erhaben gedachte ikonographische Inhalt des Denkmals in einer profanen und etwas unrespektablen Form den Anekdoten­schatz der örtlichen Folklore bereicherte, wie es in Ungarn aus einem Brief an den Schriftsteller Ferenc Kazinczy bekannt geworden ist: „Das Mausoleum der Gattin von Albert habe ich nur als Kupferstich gesehen. Hast Du die Kritik der Wiener Gassen darüber gehört? Die Herzogin selig tät’ die Armen sehr wohl ernähren aber schlecht bekleiden, denn der Bettler am Mausoleum sei ziemlich muskulös.“" * Verschiedene Darstellungen des Christinen­monuments haben sich über zahlreiche Gattungen verbreitet, so daß es keinesfalls wundernimmt, wenn sie als zentrales Dekorationsmotiv eines zum repräsentati­ven Zweck bestimmten Möbelstücks auftritt, aber die Erklärung dafür liegt dennoch nicht auf der Hand. Die Komposition mit einem kraftvollen (und in weitem Kreis bekannten) Programm und deren ursprüngliche Be­stimmung haben den Orientierungspunkt des Betrachters des Sekretärs auch ungewollt bestimmt. Es fragt sich nur (und darauf weiß leider auch der Verfasser vorliegender Studie keine Antwort), inwieweit sich all das mit der etwaigen Absicht des Meisters oder des Auftraggebers des Schrankes erklären läßt. Nahezu gleichzeitig mit dem hier behan­delten Schreibschrank, zwischen 1812 und 1815, dürfte eine Kaminuhr, heute in der Sammlung des Zentralinstituts und Museums für Sepulkralkultur in Kassel, entstanden sein.18 Der dreieckige Giebel des hölzernen Uhrgehäuses auf Tierbeinen trägt einen ver­goldeten Kupferbeschlag von Leopold Heu­berger mit der Darstellung des Christinen­monuments. Der in Wien tätige Heuberger, bekannt vor allem als Medailleur, gehört zu den Meistern, deren Name an den fallweise signierten Möbelbeschlägen aus der Metall­warenfabrik der Brüder Franz und Karl Winkler in Ebersdorf vorkommt.19 Uhren wurden oft durch applizierte Möbel­beschläge dekoriert, aber in diesem Fall wurde der Beschlag nicht einfach am Gehäuse befestigt, sondern auch dessen Form dem vorhandenen Beschlag angepaßt. Man darf es freilich nicht einfach aus­schließen, daß das Denkmal hier als bloßes Dekorationselement erscheint, aber der Objekttyp legt die Möglichkeit einer Inter­pretation im Kontext Zeit-Vergänglich- keit-Tod wirklich nahe. In diesem Inter­pretationsbereich erscheint die Uhr als eine verniedlichte Darstellung des memento mori, wie sie in bürgerliche Salons paßte. Darf man aber auch einem Möbelstück ähnliche Funktion zumessen? An der Vorderseite von Schreibschränken tritt die Uhr zuweilen als eingebautes Element in Erscheinung.20 An unserem Stück ist davon zwar keine Spur, aber der flache obere Abschluß hätte es ermöglicht, daß ihm an seinem ursprüng­lichen Aufstellungsort eine Prachtuhr aufge­setzt wurde (wie es in der älteren Aus­stellung in Nagytétény gezeigt wurde). Der Beschlag mit der Darstellung des Denkmals erscheint später in einem Muster­blatt der Winkler’schen Metallwarenfabrik von 1828 mit geprägten und vergoldeten Möbelbeschlägen - unter anderen figür­73

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