Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 24. (Budapest, 2006)

Orsolya BUBRYÁK: Inter arma silent Musae - „Geheimnisse" eines Brettspiels aus dem 17. Jahrhundert

wertvolle Kunstgegenstände angeführt sind, müssen die bedeutendsten Stücke der Batt­hyány-Sammlung vermutlich bereits auf der Auktion von 1800 verkauft worden sein. 37 Attributionsversuche Das Inventarverzeichnis von Jankovich stellt aber nur eine - allerdings ganz gewiss die glaubwürdigste - Information darüber dar, dass der Gegenstand aus der Sammlung der Familie Batthány in seinen Besitz gelangt war. Es scheint aber, dass er beim Ankauf auch Infor­mationen darüber erhalten hatte, woher das kleine Brettspiel in die Residenz der Battyánys gelangt war. Damit sind wir am heikelsten Punkt der Bestimmung des Brettspiels angekommen. Dieses kleine, auf hohem Niveau und sehr kost­spielig ausgeführte Kunstwerk aus Textil spornt die Forscher zu jeder Zeit unwillkürlich dazu an, es an eine konkrete historische Person oder ein Ereignis zu knüpfen. Als erstes wurde in der Fachliteratur Königin Isabella aufgeworfen, 38 aber ihre Possession wird weder durch die Datierung, noch durch das für einen die Türken besiegenden Feldherrn ausgearbeitete Pro­gramm unterstützt. Später wurde noch die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass das ikonographische Programm - ohne Anführung eines Namens - an irgendein Ereignis der venezianisch-türkischen Kriege geknüpft sei, 39 letztendlich aber erschienen die Kämpfe in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts doch über­zeugenderer. 40 Dank der Aufzeichnungen von Miklós Jankovich kam jetzt noch eine andere, eine wenigstens der Überlegung werte An­nahme auf, bei der es vielleicht auch gar nicht unbedingt notwendig ist, sofort Stellung zu nehmen, sondern nur ihre Möglichkeit zu berücksichtigen. Dem Jankovich-Inventar zufolge befand sich - wie gesehen - das Brettspiel (angeblich) einst im Besitz Prinz Eugens von Savoyen (1663­1736), für den es (angeblich) die Großmutter Joseph Batthyánys, Eleonore Batthyány­Strattmann, angefertigt hatte. Die einst als le­gendäre Schönheit geltende, in Wien nur als die „schöne Lori" bezeichnete Eleonore Stratt­mann stand - wie allgemein bekannt - in einem guten Verhältnis zu Prinz Eugen, bösen Zungen zufolge war sie sogar seine Geliebte, 41 was allerdings damals und auch nachträglich nicht bewiesen werden kann. Jedenfalls scheint die Savoyensche Provenienz nicht unbedingt aus der Luft gegriffen zu sein, obwohl Gegenstände aus der Sammlung Miklós Jankovichs in mehreren Fällen nachträglich mit einer veredel­ten, durch Vermittler oder auch durch Janko­vich selbst mit einer „vornehmen" Herkunft versehen wurden, was auf alle Fälle bei der Klärung des Ursprungs des Brettspiels zur Vorsicht gemahnt. (Ganz zu schweigen davon, dass hier eher von einer familiären Ursprungs­legende die Rede sein kann, deren Glaub­würdigkeit fast nur ein glücklicher Zufall ans Licht bringen kann.) Kann dieses Brettspiel für Prinz Eugen von Savoyen angefertigt worden sein? In der ersten Annäherung ist die Frage auf jeden Fall mit einem Ja zu beantworten, war doch der Prinz in den Kämpfen gegen die Türken zu einem Held von fast mystischer Größe aufgestiegen, der die größten Siege der Österreich-ungarischen Mo­narchie über das osmanische Heer erzielte. Auf diese Weise treffen die Hexameter und Dar­stellungen des Brettspieles, die Parallele Herakles - Jupiter und das gesamte ikono­graphische Programm bis ins letzte Detail auf ihn zu, sind auf ihn abgestimmt. Ganz zu schweigen davon, dass Eugen von Savoyen neben seiner Fähigkeit, ein ausgezeichneter Feldherr zu sein, auch noch über einen feinen Geschmack und eine enorme Bildung verfügte, wovon nicht nur die Palais und Schlösser zeu­gen, die er hat bauen lassen, sondern auch eine der bedeutendsten Bibliotheken dieser Periode und auch eine Kunstsammlung, um die er von vielen beneidet wurde. So stellen die Musen in seinem Fall weitaus mehr dar als nur einen Höflichkeitstopos. Man kann sich der Frage aber auch anders nähern: Kann die gesuchte Person auch eine andere sein? Wenn wir auf die oben riskierte Arbeitshypothese zurückkommen, so ist zu sehen, dass die Reihe der siegreichen Heer­führer ziemlich lang ist. Aber nur bei einem von diesen fand ich eine vom Gesichtspunkt des

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