Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 24. (Budapest, 2006)
Orsolya BUBRYÁK: Inter arma silent Musae - „Geheimnisse" eines Brettspiels aus dem 17. Jahrhundert
Schriften in italienischer Sprache aus [gestickten] Goldbuchstaben, in der Mitte befinden sich abwechselnd aus Gold- und Silberfäden [gestickte] quadratische Felder. Auf der anderen Seite sind auf dem ewas erhöhten Rahmen ebenfalls aus Kampf- und türkischen Waffen zusammengesetzte Embleme, an den Ecken italienische Inschriften; innen, in dem vertieften Teil, ein Enblem mit einem die Hydra zerfleischenden Adler, unten ein anderes Emblem, auf dem ein Adler einen Hirsch reißt. In der Mitte dieser Tafel ist das Mühlespiel, ebenfalls aus Gold- und Silberfäden gestaltet. Auf den beiden Innenseiten der auseinanderklappbaren Tafel sind die Ränder mit verschiedenfarbiger Seide [verziert], in der Mitte Iäßt eine außerordentlich feine Stickerei die Gestalten der Musen erscheinen, und auch deren Namen sind angegeben, so: Terpsichore, Kalliopé, Melpomene, Urania, Polyhymnia, Erato. - Im Inneren beider Tafelseiten befindet sich in der Mitte ein breites Goldband, das mit zwei sehr fein gestickten Emblemen verziert ist, und lateinische Hexameter, welche die Siegesgesänge über Prinz Eugen [von Savoyen] wiedergeben. Das einzigartige Spielekästchen ist in ein Tuch aus grünem Batist eingewickelt. Dieses wertvolle Erinnerungsstück der ungarischen Geschichte wurde nach dem Tode Seiner Eminenz Kardinal Joseph Batthyány auf einer öffentlichen Auktion für achtundvierzig Forint versteigert.) Miklós Jankovich hat also dieses vom Gesichtspunkt der ungarischen Kunstgeschichte absolut nicht als unbedeutend zu bezeichnende Brettspiel nach dem Tode des Fürsterzbischofs Joseph Batthyány, der zu seiner Zeit als Mäzen mit ausgezeichnetem Geschmack galt,' 2 auf der aus dem Nachlass des Primas veranstalteten Auktion aufgekauft. Joseph Batthyány (1727— 1799) stammte aus dem fürstlichen Zweig der Familie Batthyány, sein Vater, Ludwig Batthyány, hatte das Amt des höchsten Würdenträgers in Ungarn, das des Palatins inne. Joseph war sein zweitgeborener Sohn, der in seiner schwindelerregend schnellen kirchlichen Karriere bereits außerordentlich jung, mit 32 Jahren, zuerst das Amt des Bischofs von Siebenbürgen und dann ein Jahr später das des Erzbischofs von Kalocsa einnahm. Im Jahre 1776 erhielt er den Titel des Erzbischofs von Gran (Esztergom), und kurz danach wurde er vom Papst zum Kardinal ernannt. Als Mitglied einer der reichsten und vornehmsten Familien Ungarns hatte er eine ausgezeichnete Erziehung genossen und übte die Tätigkeit eines Mäzens auf hohem Niveau aus. Er ließ von Melchior Hefele den Erzbischofspalast in Pressburg (Pozsony, heute slow.: Bratislava) errichten, in dessen Kapelle einer der berühmtesten Maler dieser Zeit, Franz Anton Maulbertsch, arbeitete. Von dem Reichtum seiner Kunstsammlung zeugt das im Batthyány-Archiv erhaltene Gemäldeverzeichnis, 33 leider wurden aber nur Gemälde in das Inventar aufgenommen, so dass ich hier keine Spur von dem Brettspiel gefunden habe. Erzbischof Batthyány allerdings hatte - wie es scheint mit Vorliebe Kunstwerke aus Textil gekauft oder anfertigen lassen; über eine dem Erzbistum von Kalocsa geschenkte Messgewandgarnitur wurde vor nicht langer Zeit gerade in dieser Periodika eine Studie veröffentlicht/ 4 Joseph Batthyány starb am 23. Oktober 1799, seine Erben veranstalteten aus seiner Hinterlassenschaft mehrere Auktionen. Die erste Auktion ist vom Gesichtspunkt des Brettspiels aus die wichtigste, denn im Einklang mit der Mitteilung Jankovichs ist der Zeitpunkt der post fata Eminentissimi Cardinalis durchgeführten Versteigerung Dank einer Nachricht in der Pressburger Zeitung' 5 bekannt: Kurze Zeit nach dem Tod des Erzbischofs fand sie Ende Januar des Jahres 1800 in Pest statt. Von einem Auktionskatalog allerdings weiß man gegenwärtig nichts, und auch über die zur Versteigerung gekommenen Schätze hat sich der wortkarge Berichterstatter der Pressburger Zeitung nicht weiter geäußert. Danach wurden dann noch 1801 und 1802 zwei weitere Auktionen aus dem Nachlass des Erzbischofs vorgenommen, von denen die Verzeichnisse im Joseph-Batthyány-Fonds des Ungarischen Staatsarchivs erhalten geblieben sind, 16 in denen aber das Brettspiel nicht erwähnt ist. Da in beiden Verzeichnissen auffallend wenig