Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 24. (Budapest, 2006)

Orsolya BUBRYÁK: Inter arma silent Musae - „Geheimnisse" eines Brettspiels aus dem 17. Jahrhundert

bute) geeignet dazu sein, uns der Bestimmung von Ort und Zeit der Anfertigung des Brett­spieles näher zu bringen. Zur Unterscheidung der Musen auf dem Puff-Pasch-Spiel tragen nicht nur ihre Attribute bei, auch die Inschriften sind dabei behilflich. Erato ist mit einem Saiteninstrument und Streichbogen, Urania mit einem Sternenkranz, Himmelsglobus und Zirkel, Melpomene mit einem Helm, langem Dolch und Lyra (Harfe), Euterpe mit einer langen Flöte, Thalia mit einer Maske und die sich mit ihr in einem Feld befindende Polyhymnia mit erhobenem Arm bzw. einer Schriftrolle (?), Terpsichore mit einer Harfe, Klio mit Lorbeer­kranz, Buch und kurzem Horn, Kalliopé mit drei Lorbeerkränzen an einem Arm und einem am Haupt, am anderen Arm drei, gegenwärtig nicht identifizierbare Gegenstände dargestellt. Obwohl es mir nicht gelungen ist, genaue Vorlagen zu dieser Darstellung der Musen mit in allen Fällen übereinstimmenden Attributen zu finden, kann man sagen, dass die Musen dieses Brettspiels die meiste Übereinstimmung mit den Musengestalten der in der Sammlung des Vincenzo della Porta aufbewahrten römischen Münzen, 21 auf die sich Cesare Ripa beruft, bzw. mit den teils aufgrund dieser angefertigten und von Ripa als die besten beurteilten Dar­stellungen aufweisen. Allerdings dienten die römischen Münzen, auf denen diese Musen dargestellt sind und deren Kupferstichvariante auf dem Titelblatt des Emblembuches von János Zsámboki sind, dem Brettspielanfertiger nicht als Vorbild. Die Attribute der Musen auf dem Brettspiel unterscheiden sich weiterhin auffal­lend von den in Ferrara und Florenz für die Musen benutzten Attribute. 24 Die das Brettspiel planenden Personen benutzten - was am nahe­liegendsten zu sein scheint - auch nicht die auf Kupferstichen in ganz Europa verbreiteten Tarocchi-B latter. 2 ' Da die Iconologia Cesare Ripas - ähnlich dem Emblembuch des Came­rarius - im 17. Jahrhundert in Europa weit ver­breitet und bekannt war, kann die durch ihn ver­mittelte Analogie abermals keine Hilfe zur genaueren Bestimmung der Anfertigungs­bedingungen für das Brettspiel bieten. Ornamentik Leider bin ich auch bei der Untersuchung der den Brettspielrahmen dicht verzierenden Pflanzenornamente zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Die gestickten Motive sind - wie die früheren Forscher des Brett­spieles bereits festgestellt haben - am ehesten mit den Motiven der in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts herausgegebenen Musterbücher verwandt, obwohl ich die aufgeworfenen Parallelen 26 von Giacomo Franco und Cesare Vecellio nicht als genug überzeugend betrachte. Es ist mir nicht gelungen, Musterblätter zu finden, die als unmittelbare Vorlage für die Ornamentik angesehen werden könnten, obwohl ich mit den Musterblätterserien Bartolommeo d' Agnellis und Agostino Mitellis, die im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts tätig waren, oder auch mit den Ornamentzeichnungen des Nürnberger Georg Bang mehr Ähnlichkeit zu entdecken meine als bei den vorher erwähnten Parallelen. 27 (Zu letz­terem sei bemerkt, dass der als Vorlage für die Embleme dienende Camerarius-Band zuerst in Nürnberg erschienen ist.) Als möglicher Ort für die Anfertigung des Brettspieles wurde im Laufe der früheren Forschungen bereits Venedig angeführt. Diese Annahme konnte mit ikonographischen Mitteln nicht untermauert werden, kann aber vom stilkritischen und kunst­gattungshistorischen Gesichtspunkt aus durch­aus angenommen werden. Venedigs Textil­industrie hatte das gesamte 17. Jahrhundert hin­durch im Weben und Sticken eine führende Rolle inne, 28 aus jedem Land Europas konnten und wurden dort Aufträge erteilt. Man kann aber nicht außer Acht lassen, dass außer in Venedig auch in anderen Städten Aufträge ähn­licher Art übernommen wurden, so zum Beispiel kann - und hier sei betont, dass auch ich Venedig als den wahrscheinlichsten An­fertigungsort erachte - sowohl Mailand, Wien oder auch Augsburg in Frage kommen. (Weitere Anhaltspunkte zur Datierung des Brettspiels kann eine Untersuchung des Materials und der Sticktechnik bieten, diese Aufgabe allerdings übersteigt bei weitem meine fachliche Kompetenz.)

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