Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 24. (Budapest, 2006)

Melinda AL-RAVI-KŐVÁRI: Ein koptisches Textilfragment mit der Verkündigungsszene im Kunstgewerbemuseum Budapest und seine Stelle im Kreis der christologischen Zyklen

2.2 Das eng verwandte, werkstattgleiche Clavusfragment in Freiburg Christologische Zyklen sind nicht selten in der koptischen Textilkunst, aber Analogien zu dem Budapester Fragment gibt es nur wenige. Zu diesen wenigen Beispielen gehört das schöne Clavusfragment in Freiburg. 1,1 (Abb. 2.) Vor einem braunroten Hintergrund stehen die Figuren in vier Registern. Unten kann man die Verkündigungsszene identifizieren. Rechts steht der Engel im Adorationsgestus, links sitzt die spinnende Maria auf einem Sessel. Hinter dem Engel erkennt man eine Pflanze, die auch im Budapester Beispiel erscheint. Die nächste Szene ist die Botschaft Gottes an Zacharias, der mit dem Evangelium auf einem Sessel sitzt. Neben ihm steht eine Pflanze, eine Analogie zu den Pflanzen, die auf dem Budapester Fragment zu sehen sind. Das dritte Register enthält die sehr gut erkennbare Taufe Christi. Im vierten Register ist eine Gruppe von vier stehenden und einer knienden Figur dargestellt. Mehrere Merkmale lassen sich nachweisen, die den Zusammenhang mit dem Budapester Fragment verstärken: das Bortenornament mit Herzblattmotiven, die Details der Figuren z.B. die Ausführung des Gesichtes mit der T-Linie, die Soumak-Konturen, die Kleider, die Füße der Figuren (wie ein „Vogelfang"), die Pflanzen und die Nimben mit Konturlinie. Ähnlichkeiten zeigen auch mehrere technische Eigentümlich­keiten: S- und Z-Fasern, Wirkereien, leinene Kettenfäden und gefärbte wollene Schußfäden. Für die Ausführung der Falten standen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: V-för­mige Falten auf dunklem Hintergrund oder Falten nach Form der Kleider. Neben den Figuren erkennt man eine Pflanze mit langem Stängel und oben einem zweifarbigen Blatt wie auf dem Budapester Fragment. Das Borten­motiv (mit Herzblattmotiven und Ranken) steht dem Budapester Fragment sehr nahe. Die detaillierte Ausführung der Figuren und das Bortenornament zeigen die Vielfältigkeit der Formenbildung und das Streben nach einem „horror vacui". Der Künstler bildet größere Formen aus kleinen Details in einer um­ständlichen Art und Weise. 2.3. Weitere verwandte Clavusfragmente 2.3.1. Clavusfragment in Kopenhagen Die Bildfolge des Clavusfragments umfasst insgesamt sieben Szenen aus dem Leben Christi. 17 (Abb. 3.) Die Interpretation der einzelnen Szenen ist sehr schwer wegen des detaillierten Stils des Fragmentes. Oben steht Christus mit einem liegenden Mädchen, sodass die Szene als Erweckung der Tochter des Jairus identifiziert werden kann. 1 * Die Gruppe von fünf Figuren gehört ebenfalls zur oberen Szene. Sie stam­men aus dem Markusevangelium (5. 37^-0.) und setzen sich wie folgt zusammen: drei hin­ten stehende Apostel (Peter, Jakobus, Johannes) und die sitzenden Eltern des Mädchens. Die dritte Szene bildet der Pantokrator, der auf einem Thron sitzt. Die dann folgende Szene ist sehr schwer zu identifizieren. Vor einem architektralen Hintergrund steht rechts eine Figur, die eine andere kleine Figur an der Hand hält. In der fünften Szene steht rechts eine Person im Adorationsgestus, und neben dieser eine kleine Gestalt, die ich nicht identifizieren kann. In der nächsten Szene steht Christus vor einem Gebäude mit einer liegenden Figur (wie oben). In der letzten Szene steht links eine Figur, rechts kniet (?) eine andere, beide im Adorationsgestus. Zwischen ihnen ist ein Kopf zu erkennen. Die reich detaillierten Motive des Textil­fragmentes haben einen ausführlichen Stil. Folgende Merkmale weisen Beziehungen zu den oben besprochenen Textilien auf: die tech­nische Ausführung, die Falten der Kleider, der sog. „Vogelfang", die Hände und Gesichter der Figuren, das Bestreben freie Flächen aus­zufüllen. Der Künstler hat den leeren Hinter­grund mit architektúráién und omamentalen Verzierungen ausgefüllt. Das Bortenornament unterscheidet sich zu den bisher erwähnten Textilien. Neben Ranken folgen zweimal Rosettenblumen, zweimal Weinblätter, zweimal Herzblätter und Weinblätter, dann wieder Rosettenblumen. Weinblätter usw... Das Borten­omament ist mit einer weißen Linie vom Figurenfeld abgetrennt.

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