Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 22. (Budapest, 2003)

Éva CSEREY: Nachahmungen von Nürnberger Renaissanceofenkacheln

gestreckt rechteckigen Feld sind die Namen der dargestellten Person in Majuskeln angegeben. Den inneren Rahmen bilden zu beiden Seiten dicht profilierte Halbpilaster, darauf auf Volu­tenpaaren Ziergefäße und reiche Pflanzenorna­mentik als Relief gestaltet. An dem halbkreis­förmigen oberen Teil wiederholen sich die vor­hergehenden Motive der dekorativen Ornamen­tik ergänzt durch ein geflügeltes Engelshaupt. Auf einem der drei Stücke mit mythologi­scher Darstellung ist der Kampf des Herkules mit dem Neme'ischen Löwen abgebildet (Abb. 6). 18 Dieses Thema ist - wie bekannt - eine der zwölf „Arbeiten" des mythischen Heros; die Szene kommt in der bildenden und ange­wandten Kunst der Renaissance besonders häu­fig vor. Es sei noch erwähnt, daß ein weiteres ­stark beschädigtes - Stück aus der Re­naissancekachelofensammlung des Museums mit einer ähnlichen Darstellung verziert ist. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die bei­den anderen Stücke der aus den drei Kacheln bestehenden Gruppe, die - ebenso, wie ihre „Vorbilder", das heißt die Originalkacheln, nach denen diese angefertigt worden sind - eng zusammengehören (Abb. 7-8), und zwar dadurch, daß auf diesen zwei herausragende Persönlichkeiten, weltenerobernde große Feld­herren der Geschichte des Altertums dargestellt sind. Der eine von ihnen ist Alexander der Große, den die Inschrift als Alexander Mag/nus/ bezeichnet und neben dem links im Vordergrund ein Attribut zu sehen ist. 19 Es han­delt sich hierbei um den geflügelten vierköpfi­gen Panther, das heißt das Motiv, dessen Bedeutung unmißverständlich ist. Es deutet nicht nur auf die Erfolge Alexander des Großen im Kampfe, sondern auch auf das als Folge davon von ihm gegründete griechisch-make­donische Weltreich hin. Stellung und Ausführung der Hauptperson ähneln sehr der Reliefgestaltung der anderen Kachel, der Gestalt des siegreichen Imperators. Letztere m der Inschrift als Julius Cäsar bezeichnet ­lebt traditionell im allgemeinen Bewußtsein als der größte und erfolgreichste Feldherr des Altertums. 20 Sein Attribut allerdings weist nicht nur darauf hin, wenigstens nicht im allge­meinen. Rechts unten im Vordergrund nämlich ist eine Krokodilgestalt, das Motiv, das den „schwarzen Kontinent", Afrika, personifiziert, und dessen Bedeutung klar und eindeutig ist: Als Ergebnis der erfolgreichen kriegerischen Unternehmungen Casars hatte das Römische Reich seinen Machtbereich nun schon auf die südlichen Ufer des Mittelmeeres, das heißt (mit etwas Übertreibung) auch auf Afrika aus­gedehnt. In den verschiedenen Kunstgattungen der Renaissancekunst kommt - den Traditionen des Mittelalters folgend - häufig die allegorische Darstellung der sogenannten vier Weltreiche des Altertums vor, und zwar in Gestalt von her­ausragenden, illustren historischen Persönlich­keiten. 21 Das erklärt unter anderen die verhält­nismäßige Häufigkeit der Darstellung von Alexander dem Großen und Cäsar im späten Mittelalter und zur Zeit der Renaissance; erstere verkörpert das griechisch-makedonis­che, letzterer das römische Weltreich, sozu­sagen in eigener Person. Es sei hier noch ange­merkt, die beiden anderen Weltreiche der Antike, das heißt des Altertums, nämlich Persien und Assyrien, werden in diesem Zu­sammenhang durch Darius und Nebukadnezar verkörpert. Leider sind Ofenkacheln, die die beiden letzteren Reichsgründer darstellen, weder 1910 noch zu einer anderen Zeit in die Sammlung des Museums gelangt. Was wiede­rum nicht nur dem Zufall zugeschrieben wer­den kann. In den verschiedenen Kunstgattun­gen der Spätrenaissance und des Frühbarocks ­von der Gebäudeplastik, den Reliefen über die Wandgemälde ganz bis hin zur Kunstgattung der Druckgraphik - kommt es ziemlich häufig vor, daß die Gestalten Alexander der Große und Cäsar nicht mit den beiden anderen Reichs­gründern, sondern mit dem ebenfalls legen­dären Held der Antike, mit Hektor von Troja zusammen, mit ihm im Zusammenhang vor­kommen und eine „Rolle" erhalten. Es ist ange­bracht, diese Tatsache auch im weiteren im Auge zu behalten. Nach all dem stellt man sich logischerweise die Frage: Ist diese bedeutende Schöpfung der

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