Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 21. (Budapest, 2002)

Györgyi NAGY: Textilmuster als Dekorationselemente an Flügelaltären des mittelalterlichen Ungarns

stimmt fast völlig mit dem der gold-roten Kasel überein, Abweichungen zeigen sich nur in den kleineren Details. Die beiden Samtgewebe gehören zu den schönsten Stoffe des florentinischen Quattro­cento. Neben den gotischen Formen, zum Bei­spiel der siebenlappigen Rosette, treten bereits auch Renaissanceelemente wie Vasen auf. Auf ungarischen Flügelaltären erscheint der domi­nante Teil des Stoffmusters, die aus einer Ba­lustervase erwachsene, von Granatäpfeln um­gebene Ananasfrucht vor einer siebenlappigen Rosette. Dieses zentrale Motiv wird je nach dem zur Verfügung stehenden Platz von weite­ren Details, von der aus der Krone erwachse­nen, mit Granatäpfeln besetzten Wellenranke und von Granatäpfel Sträußen in Vasen beglei­tet. Im Hintergrund der Tafelbilder, im Schrein und auf den Predellennischen wurden die Muster in die Kreidegrundierung eingeritzt. Die Innenfläche der Rosette ist durch Parallel­strichelung, die Fläche zwischen den Mustern durch Tremolierung ausgefüllt. Eine gemalte Variante des Musters konnte ich nicht auffin­den. Meines Wissens hat nur dieses geritzte Hintergrundmuster eine Entsprechung unter den Textilien. Unser Muster kommt an folgenden Flügelal­tären vor: Okolicsnó (Okolicno, vormals Komitat Lip­tau), einstiger Hochaltar der Franziskanerkir­che, 1500-1510; Festtagsseite, im Hintergrund der Tafeln. 6 Szepesszombat / Georgenberg (Spisská So­bota, vormals Komitat Zips), Pfarrkirche Sankt Georg, Hochaltar, 1516; Schrein und Predella. 7 Lőcse / Leutschau (Levoca, vormals Komitat Zips), Pfarrkirche Sankt Jakob, Hochaltar, um 1517/18; Festtagsseite, hinter den Reliefs der Flügel. s Malompatak / Mühlenbach (Milbach, vor­mals Komitat Zips), Pfarrkirche, Hochaltar Sankt Margarethe, 1510-1515; Schrein. 9 Hervartó (Hervartov, vormals Komitat Sa­risch), Sankt Nikolausaltar, 1524 (Bartfeld/Bar­dejov, Stadtmuseum); Festtagsseite, im Hinter­grund der Flügel. 10 Homoródbene / Meeburg (Beia, vormals Ko­mitat Udvarhely), Pfarrkirche, Sankt Ursulaal­tar, 1513; Schrein und Predella. 11 Rádos / Radeln (Roades, vormals Komitat Nagy-Küküllő), Johannesaltar, 1520-1525; Schrein. 12 Nemes /Nimesch (Nemesa, vormals Komitat Nagy-Küküllő), Altarschrein, um 1525. 13 Csíkmenaság (Armäseni, vormals Komitat Csík), Marien-Hochaltar; 1543, Schrein. 14 Am frühesten, zwischen 1500 und 1510, er­scheint das Muster an der Festtagsseite des ein­stigen Hochaltars der Franziskanerkirche von Okolicsnó, an der Innenseite der beweglichen Flügel. (Man darf annehmen, daß es in den zer­störten großen Kunstzentren - Buda, Eszter­gom, Veszprém - noch früher aufgetreten war.) Wie kam aber die Schablone dieses Musters oder der Stoff nach Okolicsnó? Die zwischen 1476 und 1489 vom König gestiftete Kirche ist mit ihren Architekturfor­men und ihrem Hallenlanghaus ein herausra­gendes Kunstwerk. 15 Die Forschung brachte dieses Bauvorhaben nicht nur mit König Mat­thias, sondern auch mit seinem natürlichen Sohn, Johannes Corvinus, Fürst von Liptau, in Verbindung. Es ist urkundlich gesichert, daß der König diese Kirche sehr reich mit Geschen­ken, auch mit Meßgewändem ausstattete, 16 so konnte auch der florentinische Stoff aus der Ze­it um 1480 zu seinen Geschenken gehört haben. Laut Györgyi Török kommt als Mitstifter des Hochaltars auch Thomas Bakócz, Erzbischof von Esztergom in Frage, 17 da er nach dem Tod des Königs (t 1490) und Johannes Corvinus (ÍT504) in den Besitz von deren Kunstschätze kam. Am Triumphbogen der Kirche ist über den gemalten Wappen des Herrscherpaars auch das von einem Engel gehaltene Wappen des Erzbi­schofs angebracht, was vermutlich auf eine Schenkung des bedeutenden Mäzens verweist, die am ehesten mit den Arbeiten am Hochaltar zusammenhängen kann. Thomas Bakócz trat nach seinen Studien im Ausland um 1470 in den Dienst des Bischofs von Siebenbürgen und Kanzler Gabriele Rangoni, ab 1474 arbeitete er in der königli­chen Kanzlei. 1480 war er bereits königlicher

Next

/
Thumbnails
Contents