Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 21. (Budapest, 2002)

Györgyi NAGY: Textilmuster als Dekorationselemente an Flügelaltären des mittelalterlichen Ungarns

sichtigen. Die Fassung und die dekorativen Elemente der Holzfiguren von Okolicsnó wur­den in Leutschau ausgeführt. Die Schreinerar­beiten am Schrein dürften entweder ebenfalls in der Leutschauer Werkstatt entstanden sein, was in jener Zeit keine Seltenheit wäre, oder sie wurden von nach Szepesszombat berufenen Meistern, nach Anweisungen und Skizzen der Werkstatt von Leutschau ausgeführt. 25 Aus den Feststellungen von Dénes Radocsay, wonach der Meister der Antoniuslegende und der Mei­ster von Kabsdorf gelegentlich mit verschiede­nen Schnitzern zusammenarbeiteten, 26 ist die Rolle des Malers in der Vermittlung der Scha­blone nicht eindeutig, denn das Textilmuster kommt nur an einigen Arbeiten der Leutschau­er Werkstatt vor. Der Meister von Mühlenbach, der Maler und Bildschnitzer in einem war, stand mit der Werkstatt des Meisters der Anto­niuslegende in Beziehung, dessen Schüler und Mitarbeiter der Meister von Kabsdorf war. Der Meister des Hochaltars von Mühlenbach moch­te das Muster in der Werkstatt des Meisters von Kabsdorf gesehen und von dort übernommen haben. In diesem Fall verbreitete sich das Muster unter Malern. Aufgrund von Fotos von schlechter Qualität ist es nicht festzustellen, welche Unterschiede es eventuell zwischen den Mustern von Mühlenbach beziehungsweise Leutschau und Georgenberg gibt. Der Hochaltar Sankt Nikolaus von Hervartó aus 1524 27 steht auf provinziellem Niveau und läßt sich mit keiner Werkstatt verbinden. Aller Wahrscheinlichkeit nach war es auch in diesem Fall der Maler, der das Muster vermittelte. Unter den Altären aus Siebenbürgen er­scheint das Textilmuster am frühesten beim ersten bekannten Werk der Werkstatt von Seges­vár / Schäßburg (Sighisoara), am Ursulaaltar von Homoródbene 0513), 28 also nicht viel spä­ter als in Nordungarn. Das untersuchte Muster erscheint am Johannesaltar von Rádos, der ebenfalls in der Werkstatt von Schäßburg ausge­führt wurde, zusammen mit einem Altaraufbau im Sinne der Frührenaissance (1520-1525). 29 Beim Marienaltar von Csíkmenaság sprechen der ähnlich moderne Aufbau des Altars und das Muster an der Rückwand des Schreins gleicher­weise die Nähe der erwähnten Werkstatt, auf die Radocsay bei seiner Analyse der Tafelbilder bereits hingewiesen hat. 30 Die Datierung des Altars, der in der Literatur bislang als letztes Denkmal der siebenbürgischen und zugleich der ungarischen Flügelaltäre galt, hat Gyöngyi Török aufgrund von Stichvorlagen und Stilzu­sammenhängen auf die 1520er Jahre modifi­ziert. 31 Auf diesen frühen Zeitpunkt verweisen der Aufbau des Altars und das gravierte Muster. Der Aufbau des weniger bekannten Altarwerks von Nemes 32 zeigt ebenfalls Züge der Frühre­naissance, die Lünette und die Predella lassen sich dem Bereich der Donauschule zuweisen. Die Rückenwand des Schreins mit ursprünglich drei Skulpturen weist ebenfalls das hier behan­delte Textilmuster auf. Das Werk dürfte in der Werkstatt von Schäßburg oder innerhalb von deren Wirkungskreis entstanden sein. Die Struktur des Musters an den erwähnten Altären von Siebenbürgen ist mit dem Muster des gold-roten Meßgewandes identisch, aber die Maßverhältnisse haben sich gewandelt, der Raum zwischen der siebenlappigen Rosette und der Umrahmung der Ananas ist zum Bei­spiel an den Altären von Rádos, Nemes und Csíkmenaság enger geworden. Einzelne De­tails erinnern and das Hintergrundmuster der Flügelreliefs am Hochaltar Sankt Jakob von Leutschau, zum Beispiel die Querstrichelung der Samtpalmette und in der Gliederung der Ananas und des Granatapfels. Das Textilmuster oder die Schablone konnte über Beziehungen zur Zips nach Schäßburg gelangt sein, in erster Linie durch Handelsbeziehungen. Die Kultur der italienischen Frührenaissance hat sich aus­gehend vom Königshof vor allem über ver­wandtschaftliche Beziehungen im Kreis des Hochadels und des hohen Klerus verbreitet. László Geréb, Bischof von Siebenbürgen, stand als Kanzler und Neffe von König Matthias in enger Beziehung zum Hof, in seiner Mäzenatur war die neue Kunst auch in seinem Bischofssitz zugegen.

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