Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 18. (Budapest, 1999)
András SZILÁGYI: Eine Silberdose aus dem 17. Jahrhundert mit dem Wappen Siegmund Friedrich von Herbersteins
gäbe, die er als seine historische Sendung betrachtete: er wollte der Sache der Rekatholisierung zum Triumph verhelfen. Er wurde später, 1619, im zweiten Jahr des Dreißigjährigen Krieges, noch weiter in dieser Absicht gestärkt und dieses Bestreben erhielt sogar weitere Dimensionen, nachdem sein Oheim Matthias II. gestorben war und er sein Erbe antrat: Unter dem Namen Ferdinand II. betrat er den Thron des Römischen Reichs Deutscher Nation und wurde zugleich regierender König von Ungarn. Bei der Vorbereitung und Organisation der Erbhuldigung im Jahr 1596 erwarb sich der Landeshauptmann besondere Verdienste und genoß von diesem Zeitpunkt an die besondere Gunst und das Wohlwollen seines mächtigen Gönners. Es ist daher verständlich, daß er als Vertrauter Ferdinands zuweilen auch in Angelegenheiten herangezogen wurde, die die Interessen und Gesichtspunkte des gesamten Reichs berührten. So war er zum Beispiel am Generalkonvent von Linz zugegen, der von Matthias n. im August 1614 einberufen wurde. Diese Versammlung war auch für die damalige ungarische Politik von Bedeutung. Dort trat zum erstcnmal der damals einunddreißigjährige Nikolaus Esterházy, erst vor kurzem auf Magnatenstand gehoben, vor die breite Öffentlichkeit: eine äusserst grossformatige Persönlichkeit, der dann elf Jahre später zum Palatin Ungarns gewählt werden sollte. 7 Es ist also eine eindeutig belegte und unbezweifelbare Tatsache, daß sich letzterer und der Landeshauptmann der Steiermark persönlich kannten, wenn auch eine nähere, intimere Beziehung zwischen den beiden kaum zustandekam. Jedenfalls scheint dies für die Umstände der Herstellung der Dose mit dem Herberstein-Wappen von Belang zu sein. In Anbetracht des Gegenstandstyps und der Provenienz des Stücks ist es wahrscheinlich, daß dieses typische Geschenkobjekt ursprünglich zwischen Mitgliedern der beiden Familien (den Herberstein und den Esterházy) den Besitzer wechselte. Es ist jedoch nicht bekannt, daß der Landeshauptmann von Herberstein und Nikolaus Esterházy, der ungarische Magnat am Beginn seiner Laufbahn, im Jahr 1614 oder irgendwann - bei einer etwaigen späteren persönlichen Begegnung - sich gegenseitig beschenkt hätten. Die grundlegendste Frage nach dem Besteller (oder Schenker) des Objekts beziehungsweise der Person der ursprünglich "designierten" Eigentümers bleibt daher weiterhin offen. In diesem Zusammenhang gewinnt aber die Person - bzw. eine frühe Etappe in seiner Laufbahn - des Sohnes des Palatins Nikolaus, des Paul Esterházy besondere Bedeutung. Letzterer war nämlich zwischen 1645 und 1649 Zögling des Jesuitenkollegs von Graz. (Er studierte dort gleichzeitig mit zwei angehenden Herrschern, dem späteren ungarischen Wahlkönig Ferdinand IV. und dessen Bruder, dem Erzherzog Leopold Ignaz, der unter dem Namen Leopold I. Kaiser und ungarischer König werden sollte.) Laut seiner Memoiren machte auf den jungen Esterházy im letzten Studienjahr vor allem der Jesuitenpater Ferdinand von Herberstein (1605—1673) einen besonders tiefen Eindruck, der um jene Zeit Professor des Convictus Nobilium (Adelskonvikt) war. 5 Die Lebenswege des Professors und des jungen Studenten sollten sich bald trennen, da letzterer seine Studien ab 1649 drei Jahre lang an der Hochschule in Tyrnau betrieb. Was aber aus unserem Gesichtspunkt besonders wichtig ist: Ferdinand von Herberstein, Professor am Grazer Jesuitenkonvikt, war ein Verwandter (ein Neffe) des einstigen Landeshauptmanns, dem die Laufbahn des Onkels und deren einzelne Etappen genauso bekannt gewesen sein mochten wie die Laufbahn des Vaters seines illustren Schülers, des berühmten Staatsmanns und einstigen Palatins von Ungarn, Nikolaus Esterházy. Die offensichtlichen Parallelen und deren Konsequenzen, die auffallende Ähnlichkeit des politischen Engagements, mußten ihm klar gewesen sein. Vor allem der Umstand, daß