Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 18. (Budapest, 1999)
András SZILÁGYI: Eine Silberdose aus dem 17. Jahrhundert mit dem Wappen Siegmund Friedrich von Herbersteins
Steiermark zwischen der Verwaltung und den überwiegend protestantischen Ständen ein relatives Gleichgewicht ein. Als aber nach seinem Tode seine Witwe, Erzherzogin Maria von Bayern (1551—1608), und deren unmittelbare Umgebung größeren Einfluß auf die Angelegenheiten der Verwaltung ausübte, hat sich diese Lage allmählich gewandelt. An der Grazer Residenz waren einflußreiche Berater tätig, und zwar mehrheitlich Mitglieder des Jesuitenordens. Der weitere Verlauf der Ereignisse war auch dadurch beeinflußt, daß die Erzherzogin, eine Schwester von Maximilian I. von Bayern, ständige intensive Beziehungen zu Kreisen des Münchner Fürstenhofes aufrechterhielt. Die bayrische Hauptstadt war bekanntlich das Zentrum der süddeutschen katholischen Restauration; die Zeitgenossen begannen etwa von jener Zeit an München als "deutsches Rom" zu apostrophieren. Im Kreise der Stände von Steiermark und vor allem der Bevölkerung der Städte hatte aber die lutherische Reformation starke Positionen. Die Verwaltung in Graz strebte also danach, diese Positionen einzuschränken und zurückzudrängen. In dieser Lage hat das Amt des Landeshauptmanns erheblich an Bedeutung zugenommen. Der Träger dieses Amtes wurde von den überwiegend protestantischen Ständen gewählt und vom Landesfürsten bestätigt, also ernannt. Sein äußerst weiter Tätigkeitsbereich — dazu gehörte unter anderen auch das Landesgericht, dessen Angestellte von ihm entlohnt wurden — prädestinierte ihn geradzu zu einer ausgleichenden Vermittlerrolle zwischen den Ständen und der Verwaltung des Landesfürsten. Es war also ein Ereignis von großer Tragweite und von "Botschaftswert", als im Februar 1594 der neue Landeshauptmann, der damals fünfundvierzigjährige Freiherr Siegmund Friedrich von Herberstein von der landesfürstlichen Verwaltung in sein Amt eingesetzt wurde. 5 Für die Zeitgenossen stand es von Anfang an fest, daß die wichtigen Ziele des Landeshauptmanns als Katholik mit den Absichten des Fürstenhofes weitgehend übereinstimmten. Er brachte aber seine Prinzipien zunächst, vor allem in praktischen Dingen, mit einiger Geduld und mit "Taktgefühl" zur Geltung. Er gab zum Beispiel seine Zustimmung dazu, daß im April 1594 ein junger Gelehrter, der eben seine Studien in Wittenberg abgeschlossen hatte, Johannes Kepler (1571-1630) zum Magister der Grazer protestantischen Schule, des Gymnasiums ernannt wurde. Als Anerkennung für sein Talent bot er ihm sogar den Titel "Landesmathematiker" an. An derselben protestantischen Schule wirkte um jene Zeit als Präzeptor eine herausragende Gestalt der deutschen Musikgeschichte, Paul Hornberger (1560-1634). Dieser mußte zwar wegen seines Glaubens die Stadt 1598 verlassen, aber es ist vielsagend, daß er noch Jahre später ein Werk, seine Symphonia sophica 1606 dem Freiherrn von Herberstein widmete, wie dies in der gedruckten Dedikation im Jahr 1606 bezeugt wird. (Kepler blieb übrigens bis zum 1. Januar 1600 in Graz.) 6 Von dieser relativen Toleranz gibt es dann in den späteren Jahrzehnten der Tätigkeit des Freiherrn von Herberstein immer weniger Spuren. Dies hängt gewiß mit einem Ereignis zusammen, das mit seinen Konsequenzen die Gestaltung der Landesund später der Reichspolitik maßgeblich beeinflussen sollte. Der volljährig gewordene Ferdinand von Habsburg (1578— 1637), der erstgeborene Sohn von Erzherzog Karl und der Maria von Bayern, wurde zum Erzherzog und zum Erbprinzen des Landes erhoben, zur Erbhuldigung kam es am 12. Dezember 1596 in der Grazer Residenz. Der junge Erzherzog, dessen Erziehung in den Händen von gelehrten Jesuiten lag, die in Rom ausgebildet und mehrheitlich aus München herangerufen worden waren, machte sich energisch an die Auf-