Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 18. (Budapest, 1999)

András SZILÁGYI: Eine Silberdose aus dem 17. Jahrhundert mit dem Wappen Siegmund Friedrich von Herbersteins

ANDRÁS SZILAGYI EINE SILBERDOSE AUS DEM 17. JAHRHUNDERT MIT DEM WAPPEN SIEGMUND FRIEDRICH VON HERBERSTEINS Im "Schatten" prächtiger Kunstwerke des Esterházy-Schatzes im Budapester Kunst­gewerbemuseum versteckt sich ein auf den ersten Blick unscheinbarer Gegenstand von bescheidener Ausführung, eine Runddose mit Deckel aus vergoldetem Silber, die in Ungarn nie ausgestellt wurde und der Auf­merksamkeit der Forschung bislang fast völlig entgangen war/ Das schlicht gestal­tete Stück hat aber eine Eigenart, die es von den prunklosen Gegenständen aus Edel­metall unterscheidet. Den Deckel schmückt ein durch Anlötung eingefaßtes Ornament, ein dreifach behelmtes, gespaltenes Famili­ennwappen ohne Umschrift. Die Richtigkeit einer früheren, unveröf­fentlichten Feststellung hinsichtlich des Wappens 2 wird durch ein wertvolles, selte­nes Meisterwerk der heraldischen Literatur des 16. Jahrhunderts bzw. durch eine Illus­tration dieses Bandes, einen kolorierten Holzschnitt bestätigt: es handelt sich tat­sählich um das Wappen der Familie Her­berstein. 5 Es stand jedoch außer Zweifel, daß die genauere Bestimmung - die Fest­stellung, welches Mitglied der Familie und wann genau diese Variante des Wappens als erstes gebrauchte — der weiteren For­schung überlassen bleiben mußte. Die Hilfe kam in diesem Fall aus dem Bereich der Numismatik. Es hat sich nämlich heraus­gestellt, daß das Wappenbild auf dem Deckel der Dose mit jener Variante des Familienwappens übereinstimmt, die die Rückseite eines herausragenden Werks der frühbarocken Medaillenkunst schmückt. Die wahre Bedeutung dieser Erkenntnis besteht darin, daß es sich dabei um eine Porträtmedaille handelt, wodurch also nicht nur eine gewisse Familie, sondern eine bestimmte historische Persönlichkeit ge­rühmt wurde. Die Vorderseite der Medaille trägt nähmlich das Brustbild des Freiherrn Siegmund Friedrich von Herberstein (1549 -1621), der der "Stifter", d.h. der "Be­gründer" der sogenannten Lankowitz'sehen Linie der Familie und eine bedeutende Figur der Landesverwaltung von Inner­österreich und zugleich der Habsburgschen Reichspolitik war. Die Gußmedaille mit dem Profdbildnis des Freiherrn trägt die Umschrift: "Landeshauptmann in Steyer Anno... 1609". 4 Die Zeitspanne von einigen Jahrzehnten, vom Beginn der 1580er Jahre bis 1621, als der Abkömmling der "steirischen Linie" der verzweigten Familie, Freiherr Sieg­mund Friedrich von Herberstein seine öf­fentliche, politische Tätigkeit entfaltete, war in der Geschichte von Steyern - und überhaupt im Habsburgerreich - eine hochbedeutende Epoche. Zu Beginn seiner Laufbahn, in den achtziger Jahren des 16. Jahrhunderts reiften bemerkenswerte Ände­rungen in den politischen Kräfteverhältnis­sen des Landes heran. Die Gegensätze blieben damals überwiegend unterhalb der Oberfläche und kamen nur in weniger be­deutenden Angelegenheiten des Unter­richtswesens und der Verwaltung "zur Gel­tung". Unter dem Landesfürsten Erzherzog Karl (1540-1590) stellte sich in der

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