Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 17. (Budapest, 1998)

Attila SZEMÁN: Eine Goldschmiedearbeit als besonderes gewerbehistorisches Zeitdokument. Der „Bergmannspokal" der Esterházy-Sammlung

sen sein, und den Bruchteil der Gradeintei­lung nennen wir bis heute Minute. Bereits im 17. Jahrhundert war dies aber aus­gesprochen für die Bergmannskompasse typisch, weil die Schiffskompasse seit dem 16. Jahrhundert mit der die Angabe der vier Haupthimmelsrichtungen verfeinernden Windrose hergestellt wurden. Diese besaß ursprünglich 16. später aber doppelt soviel, also 32 Spitzen. 14 Ähnlich verhielt es sich mit den militärischen Kompassen. 1 " Der Bergmannskompaß dagegen verwendete die Uhreinteilung noch im Laufe des 1 7.-18. Jahrhunderts. Schon seit dem 16. Jahrhun­dert bedeutete dies allgemein eine Eintei­lung von zweimal 1-12, 16 offensichtlich kam aber auch die normale zwölfstündigc Scheibe vor. Die von den Seeleuten ver­wendete Magnetnadel dagegen war in Grade und Sekunden eingeteilt. Die zu der Gestalt gehörende Schrift heißt: "Hoffnung / nicht / betrügt". Auf dem höchsten Punkt des Rades sitzt ein Grubenherr in reicher Bürgerkleidung barhaupt, mit langem Haar, Schnurrbart und Bart. (Abb. 21.) Anders als die übrigen Gestalten hat er einen großen Hemdkragen, Schärpe und eine am Knie mit einem Band gebundene Hose an. Im Schoß hält er einen Bergtrog als Schale und darauf ver­schiedene Trinkgefäße, nicht weniger als sechs! Diese sind von rechts nach links: ein Becher, ein stehender Kelch, in der Mitte zwei überkreuz gelegte Pokale. Einer hat eine hohe kclchförmigc Form mit Fuß, ein auch für die Goldschmicdekunst Ungarns im 17. Jahrhundert charakteristisches Stück, der andere ist ein Kokosnußpokal mit kegelförmigem Deckel. Das nächste Stück ist ein stehender Deckelhumpen oder -kanne, das letzte Stück wieder ein Becher. Diese Gefäße symbolisieren die Vorstellung des Trinkens und des Reichtums gleicher­weise. In der rechten Hand hebt die Figur ein amorphes Gebilde zum Beweis des Reichtums seiner Grube und seines Glückes hoch. Dieses Vorzeigeerz, in damaliger deutscher Sprache "Handstain", "Hand­Stufe " genannt, wird als Symbol des Berg­segens auch auf mehreren anderen Kunstwerken dargestellt. 17 Später entstand daraus der Handstein auch als Kunst­gegenstandstyp. Der erfolgreiche Gruben­besitzer sitzt an der Stelle des Königs auf dem traditionellen Glücksrad, denn für den Bergmann bedeutete dieser Zustand den Gipfel von Glück und Seligkeit. Die hin­zugehörige Inschrift lautet: "Segen und gedeyen / erfreut". Die rechtsseitige Figur fällt bereits kopf­unler vom Rad herab, als sei die Sonne ihres Glücks bereits "untergegangen". (Abb. 22.) Sic hat kein Arschlcder und keinen Kappenrock an, aber an ihrer Be­kleidung fehlen auch die verzierenden Zusätze. Ihr Haar hängt herunter, und auch wenn sie sich verzweifelt am Rad festklammert, fallen aus dem Geldbeutel in ihrer Rechten die Münzen heraus. Ein sein Vermögen verlierender Grubenunter­nehmer war im damaligen Schemnitz sehr häufig, worauf diese Figur wohl andeutet. Die zugehörige Inschrift lautet: "Ohne diese beyde niemandt / besteht". Die unter dem Rad liegende Figur trägt wieder Kappenrock und Arschleder, was auf die einstige Realität verweist, denn mit dem Verlust seines Glückes war mancher verarmte Grubenunternehmer gezwungen, sich, um überleben zu können, als Bergmann zu verdingen. Anders als die übrigen trägt diese Gestalt nicht mehr die Symbole von Geachtetsein und Ehre. Schnurrbart und Bart, und selbst wenn sie sich mit der rechten Hand noch am Rad festhält, besteht kein Zweifel an ihrem Schicksal: sie fällt unrettbar in den Schacht. (Abb. 23.) Die Balken des Schachtkranzes lassen die Situation ganz eindeutig erkennen. Die diesbezügliche Inschrift: "Endlich gar zu gründ / geht". Zwar sagt ein Schemnitzer Bcrgmannslied vom Anfang des 19. Jahrhunderts auch über die Bergleute, die in den Schacht ein­fahren: "Bald fahren in den Berg hinein, zu machen unsre Schicht", hier aber ist eher

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