Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 16. (Budapest, 1997)
In Memoriam
ILDIKÓ MIKES (1936-1995) Wir nehmen von einer Kollegin Abschied, die seit mehr als einem Jahr verstorben ist. Der Tod ereilte sie zu früh, sie hinterliess Manuskripte, unterbrochene Forschungsprojekte, zahlreiche geplante Aufsätze. Was in ihren Publikationen veröffentlicht wurde, ist nur die Spitze des Eisbergs. Ildikó wurde in Mezőtúr geboren, dort absolvierte sie ihre Schuljahre. Zum Studium an der Budapester Universität wurde sie 1957 zugelassen, dort erwarb sie 1962 ihr Diplom in ungarischer Literatur und Kunstgeschichte. Von da an war sie Mitarbeiterin des Museums für Kunstgewerbe, dem sie bis zuletzt treu blieb, obwohl die drei Jahrzehnte bis zu ihrer Emeritierung nicht ohne Konflikte verliefen. Sie erforschte Themen und organisierte Ausstellungen aus Gegenständen, mit denen sich kaum jemand oder überhaupt keiner befasste. Den grössten Erfolg hatte sie mit der imposanten Ausstellung von annährend zweitausend Besteckstücken aus sechs Jahrhunderten. Hier kamen ihre Empfänglichkeit für die Kulturgeschichte - wie sie die Geschichte seit dem Mittelalter dokumentierte - und genauso ihre objektbezogene Auffassung zur Geltung: es gab kein Stück im Museum, das für sie unbekannt gewesen wäre. Sie war vielleicht eine der letzten Polyhistoren, denn sie war nicht nur mit sämtlichen Sammlungen des Museums bestens vertraut, sondern auch in der gesamteuropäischen Kulturgeschichte, der Geschichte und Literatur Ungarns, der Genealogie und in den Stilperioden der Kunstgeschichte ausserordentlich bewandert und reich an praktischer Erfahrung. In den 60er Jahren wies sie der Forschung vor allem mit der Ausstellungsfolge in Székesfehérvár, deren hauptsächliche Veranstalterin und Organisatorin sie war, eine neue Richtung. Bereits ihre Diplomarbeit über die ungarische Plakatkunst der Jahrhundertwende hatte diesen Themenbereich angeschnitten. Im Jahre 1976 wurde in Paris, im Petit Palais eine attraktive Ausstellung über die Kunst des ungarischen Jugendstils gezeigt, sie übernahm dafür die Darstellung des Kunstgewerbes. 1980 veranstaltete sie in Gödöllő eine ausserordentlich erfolgreiche Ausstellung mit dem Titel „Für Kinder...", aus diesem Anlass sammelte und präsentierte sie die Werke der Künslerkolonie von Gödöllő, die mit Kinderthemen im Zusammenhang stehen. Sie schrieb und veröffentlichte nur einige Aufsätze zum Jugendstil, die alle äusserst wichtig sind, ferner einige zusammenfassende Übersichten in verschiedenen Katalogen, oder betrieb grundlegenden Forschungen, wie sie im anregenden Aufsatz über Fülöp Ö. Beck vorliegt. Es war vielleicht ihr Interesse für die russische Literatur, die sie zur „Entdeckung" der russischen Kulturgeschichte hinführte, mit der sie 1967 während eines Studienaufenthaltes in der Sowjetunion näher bekannt werden konnte. Danach schrieb sie eine lückenfüllende Kleinmonographie über Wrubel und veranstaltete wiederholt russische Kunstausstellungen. Über ihre Tätigkeit als Kustos im Museum, als Gestalterin von Ausstellungen nahm sie auch an der Arbeit der Forschungsgruppe für Kunstgeschichte