Vadas József (szerk.): Ars Decorativa 10. (Budapest, 1991)
SZILÁGYI András: Egy diplomáciai ajándék a 17. századból
Auf dieser Grundlage ist es gewiss einzusehen und anzunehmen, was wir bereits früher angedeutet haben, dass nämlich dieses Prachtwerk der Goldschmiedekunst ein Geschenk sei, das einem Herrscher geziemt. An ihm kommt die Absicht derjenigen auf überzeugende Weise zum Tragen, die den Pokal anfertigen Hessen, nämlich Engagement, Treue und Huld der Untertanen einem für ideal gehaltenen Herrscher gegenüber. Die Vertreter der Nürnberger Politik brauchten unseres Erachtens im Frühjahr 1612 gerade solch ein Goldschmiedewerk, als sie das Vertrauen und das Wohlwollen eines künftigen Kaisers zu gewinnen trachteten, und zwar mit der Übergabe eines der Gelegenheit angepassten und besonders wertvollen Geschenkes. Mit der Anfertigung des Pokals beauftragten sie den berühmten Goldschmied Hans Petzolt, jenen in weiten kreisen bekannten Meister, der auch oft für Rudolf II., für seinen Prager Hof gearbeitet hatte und seit 1611 einer der hochgeschätzten und angesehenen Ratsherren der Stadt gewesen war. Er führte den Auftrag in meisterhafter Weise selbst aus, davon zeugen sein Meisterzeichen und das märchenhafte Honorar, das er dafür erhielt. Sinngemäss bedeutet das soviel, dass das gesamte Werk, mitsamt der rundplastischen Darstellung auf dem Deckel, von ihm stammt. Die Frage ist jetzt nur die, ob denn auch die Kompostition selbst ihm zugeschrieben werden kann. Unserem Dafürhalten nach finden wir zur Antwort, wenn wir die allegorische Frauengestalt des Dekkels als meisterhaft komponierte rundplastische Figur untersuchen, und sie mit ähnlichen zeitgenössischen Schöpfungen vergleichen. Hinsichtlich des Themas und der Art und Weise der Darstellung finden wir unter den Werken der Druckgraphik bzw. der Buchillustration Analogien zu unserem Gegenstand. Bezüglich der ersten Kategorie sind besonders jene Blätter lehrreich für uns, die je ein denkwürdiges Beispiel der triumphalen Architektur von Anfang des 17. Jahrhunderts vor uns stellen. Manche dieser Stiche verewigen jene prachtvollen Triumphbogen, die von den Bürgern der Reichsstädte zu Ehren je eines Herrschers, anlässlich eines wichtigen Ereignisses, zum Beispiel eines Besuchs in ihrer Stadt errichtet worden waren. Unter den Skulpturen dieser Triumphbogen begegnen wir oft allegorischen Gestalten, die - in allgemeinem Sinn - die christlichen Tugenden, oder auf die Gelegenheit gemünzt, die zur erfolgreichen weisen Regierung notwendigen Herr Schaftstugenden personifizieren. 24 Viele allegorische Frauenfiguren am Giebel oder in den Nischen der damaligen Triumphbogen können mit der Darstellung auf unserem Pokal in Beziehung gebracht werden. Allerdings kennen wir keine Figur, die angesichts der Details und der einzelnen Attribute eine Identität aufgewiesen hätte und daher als genaues Vorbild den zeitgenössischen Stichen nach hätte angewendet werden können. Wir kommen zur gleichen Feststellung, wenn wir uns den einstigen Buchillustrationen widmen. Von unserem Gesichtspunkt aus kommen besonders zwei literarische Gattungen, die bereits erwähnten politischen Emblemsammlungen und die um diese Zeit an Bedeutung zunehmenden wissenschaftlichen, ja nachgerade philosophisch angelegten, staatstheoretischen Arbeiten in Frage. Auf dem mit Stichen geschmückten inneren Titelblatt der zweiten Gattung figuriert oft jene allegorische Frauengestalt - meistens unter dem Namen „Politia" oder „Prudentia publica" -, die die Verkörperung der staatsmännischen Weisheit und der idealen Regierung-ist. 25 Diese Darstellungen sind in vieler Hinsicht, nicht selten auch in Bezug auf die Attribute, mit der allegorischen Frauenfigur unseres Pokals verwandt ; von einer gleichen Komposition können wir aber trotzdem nicht sprechen. Unter Berücksichtigung all dieser Tatsachen können wir aber die Schlussfolgerung ableiten, dass bei der Anfertigung unserer allegorischen Frauengestalt von keinem Schema, von keinem früher gekannten gra-