Forgács Éva (szerk.): Ars Decorativa 9. (Budapest, 1989)
SZILÁGYI András: Ignaz Wilhelm Dermer ötvösmüvei Magyarországon
der sich ausbreitende obere Teil, mit dem Hostienbehälter in der Mitte, umgeben von Figuren, dekorativer Ornamentik und einem prunkvollen Strahlenkranz. Die Lunula, die der Einfassung der geheiligten Hostie dient, wird von einem herzförmigen Weizengarben und Reben — den traditionellen eucharistischen Symbolen — verziert ist. Die vertikale Mittelachse der Monstranz entlang sieht man zwei getriebene Figuren sowie zwei weitere Ornamente, die aus dünner Silberplatte hergestellt sind. Die vorigen — die Darstellung des Gott Vaters, sowie das Symbol des Heiligen Geistes als Taube mit ausgebreiteten Flügeln — erscheinen oberhalb bzw. unterhalb des prunkvollen Hostienbehälters. Dieses mit eingefassten Rubinen geschmückte Expositorium wird mit einer ähnlicherweise verzierten Krone abgeschlossen; der Giebel der Monstranz wird mit einem einfachen, weniger als üblich akzentuierten Motiv, einem einfachen Malteserkreuz geschmückt. Dem Hostienbehälter ist an beiden Seiten, je eine frontal angelegte Figur angegliedert, rechts sehen wir die Madonna, links den Heiligen Josef als stehende Figuren (Abb. 7). Diese Art Anbringung der beiden Figuren ist an einer barocken Monstranz ziemlich selten, wenngleich kein Einzelfall 8 (Abb. 8.). Es steht mit einer Vertiefung der Verehrung und des Kults der Heiligen Familie im Zeitalter des Barock im Zusammenhang, vor allem aber mit einer eigenartigen, in erster Linie von den Jesuiten popularisierten Variante dieses Kults, laut deren Jesus, Maria und der Hl. Josef als die sogenannte „irdische Dreifaltigkeit" verehrt werden. Fast obligatorisch ist auf den Monstranzen der Epoche die Erscheinung der himmlischen Dreifaltigkeit, welche herkömmlicherweise so geschildert wird, dass die symbolische Bedeutung der in Lunula gefassten, den Leib Christi versinnbildlichenden heiligen Hostie durch die bildliche Darstellung von Gott Vater und dem Heiligen Geist gleichsam hervorgehoben und sozusagen auf würdige Weise umrahmt wird. Im Falle unseres Gegenstandes weist die gleichzeitige Darstellung der traditionellen Lösung einerseits bzw. der Figuren der irdischen Dreifaltigkeit anderseits eine eigenartige Parallele, eine Art Bezugssystem auf. Zugleich erhalten die beiden Gestalten an beiden Seiten des Hostienbehälters an der Monstranz von Győr zudem noch eine spezifische Deutung, da auf der Konsole der Madonnenfigur bzw. der Figur des Hl. Josef je eine Majuskelaufschrift mit folgendem Text zu lesen ist: Patrona Hungáriáé (Abb. 9) bzw. Patrónus Austriae (Abb. 10). Die Darstellung der Madonna als Patrona Hungáriáé wurde die wirkungsvolle, bildlichverbale Formulierung jener Idee des Regnum Marianum, die von den ungarischen Jesuiten — im Geiste der Expansion der sich erneuernden katholischen Religion — d. h. zwecks Untermauerung ihrer Gegenreformations-Bestrebungen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts geprägt wurde. Der Darstellungstyp selbst mit der Aufschrift Patrona Hungáriáé erschien bereits viel früher, auf graphischen Arbeiten Anfang des 16. Jahrhunderts; seine Verbreitung sowie seine grosse Popularität hängen indes mit der propagandistischen Tätigkeit zusammen, die vor allem von den Jesuiten im Frühbarock entfaltet wurde. 9 Zur Entstehungszeit unseres Gegenstandes blickt also diese Lösung auf eine mehr als zweihundertjährige Tradition zurück. Dasselbe gilt aber nicht für die Figur des Hl. Josef auf der linken Seite, da bis zur zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht er, sondern ein Herrscher aus der Dynastie der Babenberger, der im 15. Jahrhundert heiliggesprochene Markgraf