Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 8. (Budapest, 1984)
SZILÁGYI, András: Fortleben einer mittelalterlichen Komposition im 16—17. Jahrhundert
ANDRÁS SZILÁGYI FORTLEBEN EINER MITTELALTERLICHEN KOMPOSITION IM 16 — 17. JAHRHUNDERT In der Entwicklungsgeschichte der europäischen Kunst bildet das von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis etwa 1650 dauerndes Intervall ein äusserst dynamisches, drei Stilepochen überspannendes Zeitalter, im Laufe dessen auch im Bereich der Sakralkunst grundlegende Änderungen erfolgen. Das kann vor allen durch jene auffallende Tendenz exemplifiziert werden, dass in dieser Periode viele traditionelle Darstellungsthemen gradweise in den Hintergrund gedrängt werden, um endlich gar zu verschwinden, wogegen aber manche neue Darstellungstypen auftreten und sich zu verbreiten beginnen. Nimmt man die am häufigsten vorkommenden, „konstanten" Themen in Betracht, gewinnt man den Eindruck, dass sie grossenteils in einem veränderten Aufbau und anderer Auffassung erscheinen, und die typischen Merkmale der neuen Stile aufweisen. Unter den aus dem Spätmittelalter stammenden Kompositionen sind also ziemlich wenige diejenige Beispiele uns bekannt, die — als je ein Ausnahmsfall der oben angedeuteten Haupttendenz gegenüber — im Grunde gesehen fast unverändert in der Kunst des 16—17. Jahrhunderts weiterleben. Zum grössten Teil tauchen diese letzteren unter den spätgotischen Miniaturen auf, in den späteren Zeitaltern lassen sie sich vor allem in der Kunstgattung der Vervielfältigungsgraphik auffinden. Als Leitmotiv dieser Kompositionen kann zumeist je eine Diagramm-artige Darstellung erkannt werden, wozu auch häufige, aber nicht immer die selbe Nebenmotive sich gesellen. Die verschiedenen Varianten der Kompositionen dieser Art unterscheiden sich durch das Vorkommen, bzw. den Mangel dieser einzelnen Ergänzungsmotive. Zu den derartigen Kompositionen können auch jene Darstellungen gezählt werden, worauf das von den drei Figuren der „Kalvariengruppe", ferner durch Passionswerkzeuge ungegebene IHS-Monogramm als motivische Konstante zur Erscheinung kommt. 1 Durch die treffende, exakte Formulierung von R. Suckale können diese Darstellungen gekennzeichnet werden: „sie konzentrieren die gesamte Passion in einem Bild, in dem die Fülle der einzelnen Ereignisse wie das Ganze, zugleich gemeint in dem Reichtum seiner inhaltlichen Bezüge, zur Anschauung kommen. Sie summieren und zentrieren zugleich." 2 Laut der Feststellung des zitierten Autors stimmt diese Kompositionslösung, die die verschiedenen Ereignisse der Leidensgeschichte zeichenhaft vergegenwärtigt, mit dem Charakter 15