Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 7. (Budapest, 1982)
E. NAGY, Katalin: Die Tracht eines vornehmen ungarischen Mädchens aus dem 16. Jahrhundert (Restaurierung und Rekonstruktion des Boldvaer Fundes)
eingebürgert/' 7 wieder anderer Meinung nach, kann man in der ungarischen Nationaltracht ein Weiterleben der Renaissancemode entdecken/' 8 Unter den bedeutenderen Einzelteilen der ungarischen Frauentracht — Rock, Schnürleibchen, Hemd, Schürze, „Mente" (kurze Jacke), Mantel — berühre ich nur diese, welche im Boldvaer Fund vorkamen, und die mir in dessen Datierung Hilfe geleistet haben. Den Rock zum ungarischen Trachtentyp mit Schnürleibchen stellte man von geraden Teilen zusammen, er wurde in der Taille gerafft, und dadurch glockenförmig.™ Laut Maria V. Ember ist in der Mitte des 16. Jahrunderts das Dekollete des Schnürleibchens vorn und hinten eckig gewesen, Schulterband zusammen mit Leibchen zugeschnitten, vorn sich mit Haken schliessend, die Taillelinie gerade, ringsum zu dem aus gleichem Stoff bestehendem Rock genäht. Verzierung: aus Silber- oder vergoldetem Silberfaden verfertigtes Posament oder geflochtene Spitze. Am Ende des Jahrhunderts wurde der Ausschnitt des Schnürleibchens vorn viereckig, doch hinten halbkreisförmig nach oben gebogen, das Schulterband zusammen mit Leibchen zugeschnitten. Vom Anfang des 17. Jahrhunderts ist das Dekollete frivoler geworden, das aus zwei Teilen zugeschnittene Schulterband wird schmaler, das man mit auf Haken gehängte oder in Ringe gefädelte Bänder gebunden hatte. Bei den früheren Schnürleibchenexemplare ist die Entfernung des Schnürens noch schmal, später aber immer breiter. Die Verzierung ist reich an Spitzen und Stickereien. 0 "' Im 16. Jahrhundert trug man zwei Hemden übereinander, ein Unterhemd aus dünnem Leinen, ohne Verzierungen, und ein Oberhemd („felimeg") aus ganz feinem Leinenzeug, Flor, Batist oder aus Seide. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts wurde es mit Goldstickerei oder mit Besatz eingefasst, von der zweiten Hälfte des Jahrhunderts aber, als die tiefer dokelletierte, ärmellose Schnürbrust in Mode kam, hat man das Oberhemd am Hals gefaltet, die weiten Ärmel am Handgelenk in Manschetten abgeschlossen, oder mit verschiedenen Ärmelarten versehen. Der Halsausschnitt des Hemdes ist mit Perlen, Agraffen, Netz und Krause oder mit Gold-, Silber- und bunten Seidenstickereien verziert worden. Die Ergänzungsteile, die Accessoiren des Hemdes — Kragen, Krause, Manschetten — waren entweder angenäht oder separat. Die früheren Hemden wurden mit Gold- und Silberfäden (Skofium) gestickt, später hat man Seide und Spitze dazu angewendet. 51 Die den Vorderteil des Rockes verzierende Schürze wurde im 16. Jahrhundert dicht gerafft, war schmal, reichte bis zum Unterteil des Rockes und der Saum endete mit Zierborten. Vom Ende des Jahrhunderts ist die Schürze breiter geworden, und mit der Zeit hat sie den Vorderteil des Rockes völlig bedeckt, alle vier Säume verziert. 52 Kaum blieben uns aus dem 16. Jahrhundert stammende Zierstickereien über, welche die Ober- und Unterbekleidung schmückten, diejenigen Bruchstücke, die man freilegen und bewahren konnte, können uns keinen Begriff von der ungarischen Stickereikunst bieten. Bloss die verschiedenen Aussteuer- und Nachlassinventare berichten über orientalische und abendländische Sticharten, so wie die häufig zitierten technischen Benennungen „spanisch", „italienisch", „türkisch" und „casula", weiter über die Musterzeichnungen, wie „italienischer Krug", „mit Rosen", „mit Nelken" usw. 53 In den Wohnpalästen der ungarischen Könige und siebenbürgischen Fürsten, genau so wie in den Schlössern der Magnaten