Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 7. (Budapest, 1982)
E. NAGY, Katalin: Die Tracht eines vornehmen ungarischen Mädchens aus dem 16. Jahrhundert (Restaurierung und Rekonstruktion des Boldvaer Fundes)
und Edelleute, in den Heimen der wohlhabenden Bürger sind die Kleider, die Ausstattung und deren Stickereien für die in solchen Kreisen aufgezogenen jungen Mädchen, verfertigt worden. 5 ' 1 Die Herrin Hess nicht nur die bei ihr zum Erziehen weilenden Mädchen, türkischen Stickerinnen mit geschickten Fingern, sondern auch bezahlte Sticknäherinnen beschäftigen."' 5 Die Namen einiger von dieser ist uns übergeblieben. Ausser den angestellten Stickerinnen kamen auch Sticknäherinnen vor, die sich in Zunft vereint und schon im Mittelalter in Buda (Ofen) gewirkt haben, in den übrigen Städten schlossen sich diese stufenweise in Zünfte zusammen. 56 In Ungarn sind die italienischen Stickereimuster schon seit dem 15. Jahrhundert bekannt gewesen. 57 Im 16. Jahrhundert wurde das Material der in Venedig und Deutschland ausgegebenen Musterbücher, sowie auch die persischen und türkischen Motive angewendet, 58 die man mit eigenartigem künstlerischem Geschmack weitergebildet hatte. 59 Ausser den gesammelten gezeichneten Stickmustern besassen wir auch auf Textilien vorgezeichnete Muster, die im ausgestickten Zustand aufbewahrt wurden. 60 Die Leinenstickereien aus dem 16. Jahrhundert (z.B. türkische Sacktücher), waren fast ausschliesslich daheim verfertigte Frauenhandarbeiten, ihr Stil und Technik weicht von denen, mit dem Ausland in enger Verbindung stehenden, oftmals aus den Frauenhandarbeiten entnommenen Werken der Zünftiger ab. 61 Die Technik der Netzarbeit (Filet) durfte im 15. Jahrhundert aus Italien nach Ungarn gekommen sein, wo diese, nebst der Stickereien, eine beliebte Handarbeit der ungarischen Edelfrauen geworden war. Im 16. Jahrhundert setzte man als Zierde auf die Schnürbrust und Schürze buntgestickten Netz, was die häufige Erwähnung dieser Stücke und der zur Verfertigung dieser Netzarbeit dienenden Nadeln in den damaligen Aussteuerlisten beweist. 62 Eine Neuerung der Renaissance ist die zur Verzierung des Kleides dienende Spitze. Obzwar ihr Vorläufer im Orient seit langem bekannt war, hat sich doch diese als selbständiger Zweig der Textilkunst im Abendland entwickelt. Der Herkunftsort der Spitze war Italien, der Fortpflanzung halfen die Musterbücher, die nacheinander, zwischen 1523 und 1616, in Venedig erschienen waren. 63 Ausser Italien entwickelte sich rasch die Spitzenverfertigung in den Niederlanden, wo sie seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gewerbmässig getrieben wurde. 6 '* In Ungarn spielte die Spitze, von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in der Verzierung der Ober- und Unterbekleidung eine grosse Rolle. Die ersten Handwerker dieser Handarbeiter dürften die Posamentiere und Knopfmacher sein, die schon unter Herrschaft König Sigismund (1387—1437) über blühende Zünfte verfügten. 65 Im Laufe des 16. Jahrhunderts wurde die Spitzenverfertigung immer mehr und mehr die Erwerbsquelle der Bürgermädchen, das auch von zahlreichen zeitgenössischen schriftlichen Dokumenten bewiesen wird. 66 Am Anfang des 16. Jahrhunderts in Italien begann man die einfachste und früheste Form der Klöppelspitze zu erzeugen, die aus vier Fäden verfertigte, geometrisch gemusterte, geflochtene Spitze. Wir können diese Variante der Spitzen in den zweiten Typ einreihen, die ursprünglich mit steifer Linienführung, mit dicht geklöppeltem, sog. Formbinden reich motiviert wurde. So sind die Spitzen in 16. und 17. Jahrhunderten in Genua verfertigt worden. Bei der dritten Spitzenart wurde die Ausbildung des Musters durch Leinenstrickscheren hergestellt. Zur Verbindung zwischen den grossen Motiven dienten die Zickchenstäb-