Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 6. (Budapest, 1979)
SZILÁGYI, András: Unbekannte Werke aus dem 16—17. Jahrhundert in der Sammlung für Kleinplastik
Auf Grund der auf diese Weise interpretierten Aufschrift ist es anzunehmen, dass der Stifter unseres Kunstwerkes ein Anhänger der Lutherischen Reformation war. Diese Annahme wird durch historischen Angaben bestätigt. Laut der geschnitzten Jahreszahl entsand das Stück in 1564. Zu dieser Zeit wirkte in Joachimsthal die bedeutende Gestalt der früheren Reformationsgeschichte, Anhänger und Biograph Luthers, Johann Mathesius (1504—1565) als Prediger (Abb. 5.). Er stand in Korrespondenz mit Luther und hatte enge Beziehungen zu Wittenberg. 26 Dieser Umstand übte auf die Gestaltung des geistigen Lebens der Stadt eine entscheidende Wirkung aus. Unter den Bergwerkstädten Böhmens gehörte Joachimsthal zu den wichtigsten Mittelpunkten der Reformation. Das wird übrigens auch durch die Tatsache gekennzeichnet, dass der Hauptaltar der städtischen Pfarrkirche, datiert 1545, von Lucas Cranach, einem der bedeutendsten Förderer der Lutherischen neuen religiösen Auffassung, gemalt wurde. 27 Das im Budapester Museum für Kunstgewerbe bewahrte Handstein des Caspar Ulich ist in Hinsicht auf die gemeinsame Darstellung der beiden Szenen alleinstehend unter den zeitgenössischen Werken, die zu diesem Gegenstandstyp gehören. Im Kreise der letzteren ist nämlich kein einziges Stück bekannt, das eine typologische Darstellung aufweist. Die ähnlicherweise bearbeiteten, in Wien, bzw. in Dresden bewahrten Werke wurden für Herrscher oder fürstliche Familien verfertigt, sie waren hochgeschätzte, exotische Stücke der Antiquitäten- und Raritätenkabinette. Sie bezeigen eine Sammelleidenschaft, die sich an merkwürdige Gegenstände wendet, und verweisen zugleich auf den Aufschwung des Interesses an den 5. JOHANN MATHESIUS (1504—1565) PFARRER IN JOACHIMSTHAL Naturwissenschaften — in diesem Fall an die Mineralogie. 28 Der Budapester Handstein hingegen gehört zum Kreise der auf kirchliche Bestellung verfertigten Werke der Kleinplastik. Aller Wahrscheinlichkeit nach war er ursprünglich im Besitz der Pfarrkirche 79