Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 4. (Budapest, 1976)

WEINER, Piroska: Britische Exlibris

ten Blatter schon aus dem 10. Jahrhundert stammen — so auch wie anderswo in Euro­pa, dienten diese zur praktischen Bezeich­nung der Bände einer Bibliothek und stellten die Wappen der Eigentümer dar. Die belieb­ten Arten des Exlibris-Schaffens waren Holz­schnitt und Kupferstich, im 19. Jahrhun­dert auch Stahlstich. Dieser sog. „armorial"­Typ übergab im 19. Jahrhundert seinen Platz dem mit künstlerischen Zielen beklei­deten thematischen, d.h. „pictorial book­plate "-Typ. übzwar unsere Sammlung mehr­hunderte von Wappen-Exlibris enthält, bie­ten diese kein ganzes Bild über die Entwick­lung der britischen Exlibriskunst, doch eini­ge schöne, aus dem 18. Jahrhundert stam­mende Kupferstiche und einige Stahlstiche aus dem 19. Jahrhundert informieren uns über die zeichnerischen und technischen Vor­züglichkeiten der britischen Meister (Abb. 1-5). Hiermit erwähnen wir, dass die wissen­schaftliche und volkstümliche Literatur über die britische Exlibriskunst ihrem Werte ent­sprechend für reich anzusehen sei. Nennens­werte Fachzeitschrift ist das seit 1891 er­scheinende Jahrbuch der English Ex Libris Society. Die Holzschnittkunst von Thomas Bewick (1753-1828) führt uns vom 18. in das 19. -Jahrhundert. Die puritáné warme Stimmung, die Liebe für die Natur und Heimat charak­terisieren seine Kunst, die leider in unserer Sammlung nur durch Druckblätter reprä­sentiert ist. Der Meister der beginnenden „pictorial book­plate" war Charles William Sherborn, ein konservativer Künstler, der mit seinen feingezeichneten Kupferstiehen noch zur Kunst der früheren Epoche sich angliederte. Der Wert seines hier vorgezeigten Exlibris stieg noch mehr durch seine eigenhändige Unterschrift und einer mit Handschrift ver­sehenen Shelley-Zitierung (Abb. 0). Nicht nur der quantitative Standpunkt be­gründet, dass wir die britische Sammlung vmter den ersten vorzeigen, sondern auch jene besondere Lage, welche die englische Buchkunst, inbegriffen die Exlibriskunst, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, weiter in der Jahrhundertwende im europä­ischen Kunstleben ihren Platz einnimmt. Im Art Nouveau brachte die britische Kunst eine initiative und leitende Führung mit sich, und diese bereitete die im 19. Jh. auf­brechenden künstlerischen Strömungen vor. Unter diesen Strömungen wirkte in erster Linie einflussreich die Schule der Präraffae­liten in der Mitte des 19. Jahrhunderts, übzwar deren Kunst ebenso, wie die Rich­tung der englischen Neogotik, formell zu den früheren, grossen Stilperioden zurückgreifen, jedoch charakterisierte diese Schule das Streben nach der Suche des Neuen, der neu­gestalteten Kunst. Die Gruppe der Präraffae­liten übte dauernd ihren Effekt auf die Kunst auch ausserhalb Englands aus. Entscheidende Rolle spielte im Auftauchen des Art Nouveau die Arts and Crafts-Bewe­gung, die die Aufmerksamkeit auf die ästhe­tischen Probleme der Gebrauchsgegenstän­de lenkte, und dadurch das Kunsthandwerk den frühen industriellen Produkten gegen­überstellte. Die Initiativen der Arts and Crafts-Bewegung — in erster Linie mit der Vermittlung Belgiens — beeinflussten be­trächtlich auch die kontinentalen Design­Strebungen, die später den Ländern nach, mit nationalen Zügen bereichert wurden. An der Gestaltung der künstlerischen Ziel­setzungen der Bewegung nahm auch die Buchkunst teil, deren Wirkung wir auch an zahlreichen Exlibris beobachten können. Die das Neue suchenden ästhetischen und künstlerischen Strebungen entfalteten sich am Ende des Jahrhunderts im Art Nouveau. Diese neue Richtung wurde auch „Modern Style", „Floral Style", „Style 1900" genannt, doch ist es interessant, dass auch in England die französische Benennung allgemein wur­108

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