Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 1. (Budapest, 1973)
KISS, Ákos: Die Entwicklung der kunstgewerblichen Bewegungen und das Entstehen der Kunstgewerbemuseen
Vergangenheit ansah. 49 Ferenc Pulszky war folgender Ansicht: „Die Pariser Weltausstellung . . . lieferte uns den Bewies, das . . . man uns derart überholt hat, dass es nicht mehr genügt über ein Nationalmuseum zu verfügen . . . und erst wenn wir ein Institut besitzen, das sämtliche Zweige der einheimischen und ausländischen Gewerben umfasst . . . und unseren Gewerbetätigen durch das Studieren von Prachtexemplaren Möglichkeit bietet, ihren Geschmack zu entwickeln, sowie manchmal auch Vorträge über die gewerblichen Künste zu hören, erst dann wird sich der Morgen unseres einheimischen Kunstgewerbes röten . . ."''" Unsere Kunstgeschichte hat kein wichtigeres Problem, als die Frage des nationalen Stils, betonte gleichzeitig auch József Hampel.' 1 Auf Grund des Parlamentbeschlusses aus dem Jahre 1872, wodurch zu diesem Zwecke der Kauf von Kunstgegenstände gesichert wurde, entstand unter dem Patronat des Kronprinzen Rudolf das neue Budapester Institut, der Zeitordnung nach das dritte nationale Kunstgewerbemuseum der Welt. :>J Vorerst wurde das neue Museum im Ungarischen Nationalmuseum, später, ab 1877, in der damaligen Kunsthalle untergebracht. An der Eröffnung versprach der Minister für Industrie und Handel seine Unterstützung. Der Landesrichter und Mäzen, Graf György Mailáth, erklärte: „. .. die Kunst nämlich, indem sie auf die Industrie veredelnden Einfluss ausübt, unterbringt ihr Kapital fruchtbringend . . . die gegenseitige Wirkung der Kunst auf die Industrie und viceversa . . . soll auch in unserem Lande zur Geltung gelangen können". Ein Teil der an der späteren Eröffnung präsentierten Kunstgegenstände wurde an der Wiener Weltausstellung des Jahres 1873 gekauft. 53 Das Museum wurde gemäss Fürsorge und in Vertretung von zwei Kunstvereinen der Gesellschaft der Bildenden Künste und dem Gewerbeverein geschaffen, die Sorge seiner Weiterentwicklung oblag diesen gesellschaftlichen Organisationen. Ferenc Pulszky's Sohn Károly war hier bereits seit 1873 als Sekretärsadjunkt tätig, der erste schriftliche Wegweiser des Museums stammt aus 1874. Károly Pulszky, der in sämtliche vorliegenden zeitgenössische Bewegungen und Zielsetzungen der Künste eingeweiht war, legte neben seinem Vater sozusagen als erster, dem Niveau der Epoche entsprechend den begriff „Kunstgewerbe" dar — er bediente sich bereits dieser Benennung — und erörterte dessen Zusammenhänge mit den historischen Stilen im Geiste jener Zeiten. 5 ' 1 Gegenüber den nationalen Richtungen der zeitgenössischen Erfordernisse unterstrich er auch, dass die gewerbekünstlerische Kultur mehr allgemein europäisch-international sei. Auf Grund des Gesetzartikels XVII. aus dem Jahre 1878 wurde aus der Institution ein unter der Aufsicht des Kultusministers stehendes staatliches Museum. Károly Pulszky wurde in seiner museologischen Tätigkeit in 1882 durch Jenő Radisics abgelöst. Neben dem neuen Museum kam auch als dessen Nebeninstitution eine kunstgewerbliche Schule (Lehranstalt) zustande; deren ersten Direktor der damals auch die Musterzeichnungsschule leitete, wurde Gusztáv Keleti. Die Schule bestand aus Fachsektionen für Kunstschnitzerei, dekorative Malerei, Holz- und Kupferstich, sowie Gravierkunst, ausserdem besass sie Fakultäten für kunstgewerbliche Zeichnung, Planung, Stilkunde, architektonische Zeichnung, Formlehre und Keramik. Unter ihren Professoren finden wir Albert Schikedanz, Bertalan Székely, Gusztáv Moreili, Béla Benczúr. Die Gewerbeschule errang zu mehr Selbständigkeit unter der Leitung des Architekten Kamill Fittier, doch funktionierte sie noch längere Zeit neben dem Museum. 55 Oberdirektor des Kunstgewerbemuseums wurde 22